Kolumne Fremd und befremdlich: Probiert es im Selbstversuch!

Mit ihren Affen-Tests wollten uns die VW-Manager sicher von der Unschädlichkeit ihrer Abgase überzeugen. Ich hätte einen Vorschlag, wirklich glaubhaft zu werden.

Zwei Auspuffroher an der Karosserie eines VW.

Und dann auf's Gas: VW testete die Auswirkungen von Abgasen an Affen Foto: dpa

Was haben sich die Manager bei VW gedacht? Immerhin haben sie viel Schelte bekommen, wegen dieser Software, die die Abgaswerte des Diesels manipulierte. Ich bin noch nie Manager gewesen, ich versuche nur, auch Manager zu verstehen. Fast jeden Menschen kann man ja irgendwie verstehen.

Vielleicht haben sie sich gedacht, dass die amerikanischen Abgasnormen einfach viel zu streng sind. Vielleicht haben sie gedacht: „Die spinnen, die Amerikaner.“ So ein bisschen Stickoxid schadet doch nicht. Vielleicht haben sie deshalb, aus lauter Wut über diese überzogenen Vorschriften, ein paar Tests machen lassen.

Da hat vielleicht einer gesagt: „Hol doch mal ein paar Affen, die sperren wir in einen Raum, da leiten wir Abgase rein, und dann sehen wir mal, ob die Affen das gut aushalten.“ Ja, und die Affen sind danach anscheinend immer noch recht fit gewesen.

Ich erinnere mich an ein Experiment, das mir mal einer gezeigt hat, da ging es um die Schädlichkeit von Zigarettenrauch. Da hat einer eine Fliege oder eine Wespe unter ein Bierglas gesperrt und hat da einen Zug einer Zigarette rein geblasen.

Die Fliege ist von diesem einen Zug glatt gestorben. Ungefähr so haben es die Leute von VW auch machen wollen, denke ich mir, nur wollten sie das Gegenteil beweisen, nämlich, dass so ein paar Stunden in den Auspuffgasen eines VW Beetle ein paar Affen gar nichts ausmacht.

Das ist schön zu wissen, weil ich, in der Nähe der Wandsbeker Chaussee wohnend, einer sechsspurigen Ausfallstraße in Hamburg, schon mehr als vier Stunden diesen Auspuffgasen ausgesetzt war. Es ist schön zu wissen, dass ich, wenn ich ein Affe wäre, und wenn ich mich vier Stunden in einem Raum mit Auspuffgasen eines VW Beetle aufhielte, vermutlich danach noch leben würde.

Der Niedersächsische Ministerpräsident Weil findet das allerdings „widerlich und absurd“, Affen „stundenlang mutwillig Autoabgase einatmen zu lassen“. Was soll ich sagen, für die Babys dieser Großstadt ist das Alltag, Herr Weil. Wir haben hier an der Wandsbeker Chaussee eine Kindertagesstätte. Wo kommt wohl die Luft in diesen Räumen her? Diese Affen, diese armen Affen.

Vielleicht haben die Manager von VW sich einfach nur gedacht, sie könnten uns irgendwann einmal von der Unschädlichkeit der Auspuffgase überzeugen? Vielleicht sogar verstehen, dass diese Abgasvorschriften total überzogen sind?

Jedenfalls haben sie sich offensichtlich auch gedacht, dass es schön wäre, wenn sie, neben den Affen, auch noch ein paar Menschen hätten, die sich diesen Abgasen aussetzten. Letztendlich weiß man ja nicht, ob ein Mensch genauso robust ist, wie ein Affe. Vielleicht haut es den Menschen um, während der Affe noch friedlich seine Banane pellt? Und da haben sie sich anscheinend ein paar Menschen besorgt und haben das an denen auch ausprobiert.

In den Kommentaren zu den Artikeln konnte ich übrigens für die Menschen weit weniger Mitleid ausmachen, als für die Affen. Die Menschen hätten sich ja schließlich bewusst und freiwillig für diese Tests hergegeben, während die Affen zu wenig Sachverstand gehabt hätten, um die Situation angemessen einschätzen zu können. Auch hätten die Affen ja nicht die Wahl gehabt. Nun ja, und die Menschen haben dafür ganz sicher eine kleine Aufwandsentschädigung bekommen. Für diesen Dienst an der Wissenschaft.

Das große Ziel von VW muss doch sein, festzustellen, dass ihre Abgase fast so gut wie unschädlich und diese Grenzwerte überflüssig sind. Es ist ein Kampf mit der Vernunft und die Vernunft liegt auf Seiten der Wissenschaft. Ich denke, ungefähr so waren die Gedanken der VW-Manager.

Ich finde allerdings, die Verantwortlichen bei VW hätten sich zusammen für ein paar Stündchen in diesen Raum setzen und sich selbst diesen Abgasen aussetzen müssen. Um das alles auch wirklich glaubhaft zu machen und um auch noch den letzten Dieselzweifler zu überzeugen. So sollten sie dem Rest der Welt mit ihren eigenen Körpern beweisen, dass sie restlos überzeugt sind, von all dem, für das sie sich ansonsten so furchtlos einsetzten.

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Katrin Seddig ist Schriftstellerin in Hamburg mit einem besonderen Interesse am Fremden im Eigenen. Ihr neuer Roman „Das Dorf“ ist kürzlich bei Rowohlt Berlin erschienen.

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