Kolumne Jung und dumm: Warum die Hose runterrutscht

Arsch aufspritzen, Grünteetassen, ist Frau Zeh gesund? Wer hier Schonhaltung vermutet, weiß nicht, wie anstrengend die sein kann.

Frau liegt im Bademantel entspannt auf Couchlandschaft, eine Lampe leuchtet

So geht Entspannung richtig! Foto: dpa

Ich bin ja immer ziemlich schief. Schonhaltung nennt man das wohl, ich finde es aber sehr anstrengend. Also eigentlich alles. Gehen, denken, essen, müssen und dann ständig diese aus Angst vor Spülmittelresten nicht ganz leergetrunkenen Grünteetassen mit dem obligatorischen Grünteeschleier im oberen Drittel der Grünteetasse, die weggeräumt werden wollen, jetzt sofort, immer jetzt sofort, auch noch nach drei Wochen jetzt sofort. Zumindest glaube ich das, dass sie das wollen, weil ich mich, immerhin in Grünteefragen, dem Druck der Mehrheitsmeinung beuge.

Jedenfalls war ich also vor einiger Zeit das erste Mal in meinem Leben bei einer Thaimassage (dürfen Linke das? (was ist „links“? (was ist „ist“?))), und, ich schwöre, sie hat meinen Arsch größer gemacht. Und mich über ihr Knie in die Luft hochgewuchtet. Noch immer kann ich nicht entscheiden, was von beidem ich eigentlich toller finde.

Darüber kann man ja auch schon wieder depressiv werden. Vielleicht hat sie mir aber auch heimlich Kotze in die Arschbacken gespritzt, weil, schmerzhaft war das ja schon irgendwie alles, und, na ja, sicher kann man sich ja sowieso nie sein, bei gar nichts, wer sieht schon ohne Spiegel seinen Arsch, außerdem lag ich ja auf dem Bauch und war verkatert und, ja. Oder das Mag­netfeld der Erde wirkt inzwischen auch auf mich (und, natürlich, meinen Arsch).

Das mit der Kotze habe ich übrigens bei HR2-Kultur gehört, ich glaube, Kotze ist jetzt wieder in. Kleine Service-Info, gern geschehen.

Um das zu recherchieren, gebe ich also „Kotze in den Arsch“ bei Google ein, gelange zu einem Video der Rockgruppe „Arsch“ mit dem Titel „Saufen! Kotzen! Koma! Tod!“ und habe ein Erweckungserlebnis: Endlich weiß ich, was für Musik ich eigentlich gut finde. Jogurt zum Beispiel.

Sit-ins bei McDonald’s

Neulich habe ich übrigens ein Radio gekauft. Deutschlandradio Kultur hören, nur diesen Sender, alles andere verstopft, fürchte ich, den Kopf. Finde aber die Frequenz nicht. Wirklich. Auf der im Internet angegebenen läuft immer so ein funky Powerzeug, da krieg ich glatt die Hummeln von. Ich habe da auch schon mal hingeschrieben, an den Deutschlandfunk. Antwort: Suchen Sie doch nochmal. Aber nein, nichts da, kein Kultur, nicht für mich. Ein lockendes, phrygisches, phallisch-phantastisches Megaron, nur mir verwehrt man Einlass.

Aus Protest mache ich Sit-ins bei McDonald’s, alleine. Und höre HR2.

Anfangs zufällig, dann bald hemmungslos. Da gibt es immerhin tolle Neuigkeiten aus der Kotzeszene. Außerdem „Lutherjahr“, dabei ist der ganze HR doch ein Sender gewordenes Lutherjahr. Neulich wieder: „95 Anschläge“, nanu, „95 neue Thesen bekannter Autoren“, ach so: „Wir müssen den Dummen mehr Macht geben“ (Marina Weisband), „Nur mit Gott bekomme finde ich Frieden in mir“ (André Herzberg), „Anything goes? Dann schafft der Mensch sich ab“ (Harald Lesch), „Luther ist der Begründer der Konzeptkunst“ (Bazon Brock), und, schließlich, der intellektuelle Eispickel – Julia Barbara Zeh: „Das Gegenteil von Freiheit ist Gesundheit“.

Hicks.

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Seit 2015 bei der taz, zunächst als Praktikant, dann als freier Autor und Kolumnist (zurzeit: "Ungenießbar"). Nebenbei Masterstudium der Ästhetik in Frankfurt am Main. Schreibt über Alltag, Medien und Wirklichkeit.

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