Kolumne Liebeserklärung: Alkies, go home!

Amsterdam verbietet Bierbikes – und begeht damit einen kapitalen Fehler. Ohne die Fahrräder mit Zapfanlage werden die Straßen unsicherer.

Asoziales Verhalten mit Verkehrsbehinderung? Quatsch. Bierbikes binden Krawallpotenzial Foto: TOM

Bewohner jeder auch nur halbwegs touristisch relevanten Stadt kennen ihren Anblick: Bierbikes, diese Fahrräder mit eingebauter Bierzapf­anlage für bis zu sechzehn Leute, die damit trinkend, grölend und strampelnd durch die Stadt fahren. Ein nüchterner Steuermann wird vom Verleiher gestellt.

Nun hat die Stadt Amsterdam per Gerichtsbeschluss Bierbikes aus dem Stadtzentrum verbannt. „Die Kombination von Verkehrsbehinderungen, unsozialem Verhalten und dem geschäftigen Stadtzentrum“ rechtfertige ein Verbot, heißt es in der Urteilsbegründung.

Auf den ersten Blick mag man denken: Jawollo, schlau, endlich Schluss mit dieser Affenscheiße für Vollidioten – Alkies, go home! Doch das ist viel zu kurz gegriffen. Denn die Begründung ist richtig und falsch zugleich. Natürlich mischt sich asoziales Verhalten mit Verkehrsbehinderung, doch beides wird ja eben durch den Einsatz von Bierbikes in geordnete Bahnen gelenkt.

Schließlich handelt es sich bei den Bierbikern ohnehin um eine hochproblematische Klientel. Ohne stundenweise auf gerade noch gesellschaftsverträgliche Weise beschäftigt zu werden, würden sie in derselben Zeit völlig unkontrolliert saufend, grölend und wild urinierend durch die Straßen ziehen. Erst dadurch, dass sie wortwörtlich auf die Straße gelassen werden, sind sie im übertragenen Sinne „von der Straße runter“. Die Bierbikes üben also einen hygienischen Effekt auf den Ballermann-Tourismus aus und entlasten die Bevölkerung von dessen gröbsten Ausschlägen.

Fast hätte Berlin den gleichen Fehler gemacht. Das Verbot lag in der Luft. Doch zum Glück hat hier ein Bierbike-Betreiber Widerspruch gegen die Entscheidung des Bezirks Mitte eingelegt, der zumindest auf bestimmten Routen den Betrieb untersagen wollte.

Dieser Mann ist für seinen Dienst an der Gemeinschaft nicht hoch genug zu loben. Quasi als lebender Schutzschild wirft er sich zwischen uns Normal­bürger und das Krawallpotenzial, das er mit seinen Bierbikes dankenswerterweise bindet. Er hätte das nicht tun müssen, sondern sich wie eine beleidigte Leberwurst in ihr Schneckenhäuschen zurückziehen und die Stadt im Umgang mit den Marodeuren sich selbst überlassen können.

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Seit 2001 freier Schreibmann für verschiedene Ressorts. Mitglied der Berliner Lesebühne "LSD - Liebe statt Drogen" und Autor zahlreicher Bücher.

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