Kolumne Luft und Liebe: Männer und Pfauen

Ein Leipziger Dekan, der nicht „Herr Professorin“ sein will, und Harald Martenstein: In einem Theaterstück über das Patriarchat hätten sie wichtige Rollen.

Trägt blau tatsächlich aus biologischen Gründen: der Pfau. Bild: dpa

Wen ich jetzt alberner finde, weiß ich gar nicht. Die Leute von Spiegel Online, die den Beschluss der Uni Leipzig so verstanden haben, dass man da jetzt immer „Herr Professorin“ sagen muss, oder die Medien und Menschen, die das dann auch glaubten und sich so wahnsinnig aufregten.

Dass die Uni Leipzig jetzt in ihrer Grundordnung „Professorin“ statt „Professor“ schreibt, führt natürlich nicht dazu, dass Leute dort jetzt mit „Herr Professorin“ angesprochen werden. Dachten aber alle. Und schimpften. Wie absurd das sei. „Gleichberechtigungsirrsinn“ schrieb die Bild, und viele dachten ziemlich genau das. Viel Trara um ein Univerwaltungsdokument.

Natürlich ist das generische Femininum ungerecht. Aber eben nur genau so ungerecht wie das generische Maskulinum. Oder „Frau Thomas Mann“. Alles nicht gut. Und es wird nicht leichter dadurch, dass die gerechteren Sprachvarianten entweder sehr viele Zeichen brauchen oder Schrägstriche, Unterstriche, große Is oder Sternchen, und dass Leute finden, das sei zu anstrengend. Nun ja. Frauen, die Hosen trugen, fand man früher auch total merkwürdig.

Wenn ich die „Herr Professorin“-Geschichte mal als Theaterstück aufschreibe, wird der Titel sehr schlicht sein: „Das Patriarchat macht sich lächerlich.“ Die Hauptrolle kriegt der Dekan der juristischen Fakultät in Leipzig. Der stellte eine Erklärung ins Internet, in der er sagte, dass er das alles nicht okay findet. „Wir missbilligen den Beschluss des Senats. Wir werden ihm nicht folgen. Kein männlicher Student der Juristenfakultät Leipzig muss damit rechnen, als ’Studentin‘ angesprochen zu werden.“ Hatte ja auch niemand vor.

Andersherum findet der Dekan es natürlich ziemlich okay. „Mehr als die Hälfte unserer Studenten sind Frauen.“ Wenn die Weiber schon studieren dürfen, will er nicht auch noch seine Sprache ändern. „Der Akademische Senat der Universität Leipzig wird aufgefordert, zu ernsthafter Sacharbeit zurück zu kehren.“ Manno, denken die verrückten Senatsemanzen und räumen bockig das Konfetti und die Luftschlangen weg. Paukenschlag, Abgang Dekan.

Trommelwirbel, Auftritt Harald Martenstein. Denn ähnlich absurd wie der Dekan war in den letzten Tagen eigentlich nur das Zeit Magazin mit Martensteins Text „Schlecht, Schlechter, Geschlecht“. Ein alter, grauer Mann, der so tut, als würde er sich für Genderforschung interessieren, dann sehr viel missversteht („Das Feindbild der meisten Genderforscherinnen sind die Naturwissenschaften“) und am Ende feststellt, dass er das alles komisch und unnötig findet.

Und dazu packt die Redaktion noch ein Interview von einer alten, grauen Frau, die sagt, dass sie da „nicht recht mitdenken kann“. Statt eine junge Genderforscherin zu fragen, eine von denen, über die sich zuvor seitenlang lustig gemacht wurde, befragt man allen Ernstes eine fast 80 Jahre alte Psychologin, die findet, dass Männer so ähnlich sind wie Pfauen.

Das ist mir dann doch zu würdelos. Wenn alte, verwirrte Menschen dumme Sachen sagen, soll man nicht so hinstarren. Bitte gehen Sie weiter, hier gibt es nichts zu sehen. Vorhang zu.

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Jahrgang 1986. Schreibt seit 2009 für die taz über Kultur, Gesellschaft und Sex. Foto: Esra Rotthoff

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