Kolumne Luft und Liebe: Patsch, patsch, patsch

Ein Move aus alten Zeiten: Antifeministinnen tätscheln offenbar sehr gern Köpfe. Das macht sie nicht unbedingt cooler.

Bei Tieren geht‘s noch (toll, wieder ein Katzenfoto untergebracht). Bild: imago/Westend61

Es gibt einen einzigen Grund, der akzeptabel ist, wenn jemand behauptet, Feminismus sei unnötig: Sie oder er lebt allein auf einer Insel und kennt keine Menschen. Dann geht das. Alle anderen Gründe erweisen sich früher oder später als mies.

Es gibt drei Autorinnen, die sich in den letzten 15 Monaten in deutschen Medien an prominenter Stelle gegen den modernen Feminismus als solchen gewendet haben. Alle sind Mitte 20 bis Mitte 30 und haben mit ihren Texten jeweils so viel Aufsehen erregt, wie man mit Feuilletontexten erregen kann.

Da war zunächst Mirna Funk, die im Freitag einen Text über „Barbie-Feministinnen“ schrieb. Westdeutsche Feministinnen von heute seien alle unemanzipierte Opfer. Die DDR nämlich sei ein gleichstellungsmäßiges Glücksbärchiland gewesen, weswegen sie, die in Ostberlin geborene, nämlich schon viel weiter sei. Ich schrieb eine Kolumne als Antwort.

Der zweite Text war von Hannah Lühmann, die dem modernen Feminismus auf Zeit Online vorwarf, nicht lustig und nicht intellektuell genug zu sein und außerdem einen ekligen Humor zu haben, aber keine Führungspersönlichkeit. Ich schrieb eine Zeitungsseite als Antwort.

Der dritte Text war von Ronja von Rönne: “Warum mich der Feminismus anekelt“, Teil einer unsäglich peinlichen Serie in der Welt. Die Autorin bemängelte, nicht zu verstehen, wo Frauen denn benachteiligt seien, und dass Feministinnen nur Aufmerksamkeit wollen und irgendwie auch unterprivilegiert sind. Der „Ring Nationaler Frauen“ applaudierte. Ich schrieb keine Replik, weil der Text keine Argumente enthielt.

Ein gemeinsames Motiv

Lustig ist nun, dass alle drei Autorinnen unabhängig voneinander ein Motiv verwenden: das des Kopftätschelns. Funk schreibt, sie hätte Brüderle, wenn er ihre Brüste kommentiert hätte, „liebevoll über sein lichtes Haupthaar gestreichelt“. Lühmann findet, der Netzfeminismus sei ein Diskursgespenst, und sie möchte ihm „über den rauchenden Kopf streichen und es bitten, sich erst mal wieder zu sortieren, bevor es weiter umgeht“.

Und von Rönne schreibt auf Facebook über Leute, die das „von“ in ihrem Namen kritisieren, das nerve sie so sehr, „dass man dem Autor nur kurz über seinen benachteiligt-bürgerlichen Schopf streicheln möchte“.

Über den Kopf streicheln kann schön sein. Als rhetorisches Mittel der Beschwichtigung ist es die herablassendste Geste, die geht. Den Kopf tätscheln: Das tut man bei Kindern und Tieren. Das tun Alte bei Jungen. Pfarrer bei Ministranten. Onkels und Tanten bei Nichten und Neffen. Sie alle sind tendenziell nicht cool dabei.

Und nun suchen sich drei Autorinnen ausgerechnet eine so blasierte Symbolik aus, um zu zeigen, wie erhaben sie sind. Patsch, patsch, patsch. Patsch, ich habe eure Kämpfe nicht nötig. Patsch, ich stehe über den Dingen. Patsch, jemand kritisiert mich.

Lustig ist das, weil Leute, die unabhängig oder besonders cool sind, es naturgemäß nicht mehr nötig haben, darüber auch noch bildreich zu berichten. Die allermeisten, die sagen, „Ich ficke deine Mutter“, ficken nämlich gar nicht meine Mutter. Würden sie aber vielleicht gern.

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Jahrgang 1986. Schreibt seit 2009 für die taz über Kultur, Gesellschaft und Sex. Foto: Esra Rotthoff

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