Kolumne Millionär: George Michael, der Antichrist

Der Song „Last Christmas“ entspringt direkt der Hölle, ergeben exklusive Berechnungen der taz. In selbige kommen auch Millionäre.

Eine Ziegel

Ein Selfie unseres Autors Ingo Arzt aus dem Jenseits. Foto: ap

Diese Kolumne beginnt mit einem Ohrwurm. Sie werden mich dafür hassen. Den Rest des Tages wird er in Ihrem Kopf glockenhell klingen, gleich dem süßen Kichern kleiner Kinder, die in vorweihnachtlicher Freude umhertollen. Im Matsch. Formerly know as Schnee. Und hier ist der Song:

Last Christmas, I gave you my heart.

Ich habe gelesen, dass George Michael, der Komponist, ein vom KGB bezahlter, nach Großbritannien eingeschleuster Subversiver war, der die Aufgabe hatte, den dekadenten Westen zu zerstören. Durch zermürbende Dauerberieselung der Konsumtempel im Herrschaftsbereich des US-Imperialismus mit „Last Christmas“ sollten die Menschen ihres Verstandes beraubt werden.

Es hat funktioniert.

Zu Weihnachten sind wir nun alle gute Christen und da müssen wir gleich doppelt beunruhigt sein. Erstens: Aus eschatologischer Sicht ist es auch denkbar, dass George Michael kein Kommunist ist, sondern der Antichrist (oder beides). Ich habe das nachgerechnet. Es ist kompliziert, stimmt aber. Nummeriert man die Buchstaben des Alphabetes durch, dann kann man jedem Buchstaben des Namens „George Michael“ eine Zahl zuordnen. Addiert man Zahlen von „Michael“, dann ergibt das:

13(M) + 9(I) + 3(C) + 8(H) + 1(A) + 5(E) + 12(L) = 51Dazu dann die offizielle Laufzeit des Liedes, in Sekunden = 267Hinzu die Anzahl der Wort des Liedtextes (natürlich ohne die Regieanweisung „So long“ am Ende) = 358Ergibt zwar 676. Allerdings muss davon dringend die Erwähnung des Wortes „Special“ im Songtext subtrahiert werden. Das kommt genau 10 mal vor. Das Ergebnis:

666 - THE NUMBER OF THE BEAST

Zugegeben, die Erkenntnis ist nicht spektakulär. Jeder, der das Lied gehört hat, dürfte bereits vermutet haben, dass George Michael der Antichrist ist. Hinzu kommt, dass der Text rückwärts gespielt die Zeile „best place in hell“ ergibt.

Die zweite für Christen beunruhigende Sache ist der Reichtum. Wenn wir zu Weihnachten eines lernen, dann wohl, dass Millionäre keinen Platz im Himmelreich haben. Die Evangelisten Markus, Lukas und Johannes überliefern uns die Worte Jesu, nach denen eher ein Kamel durch ein Nadelöhr kriecht, als dass ein Reicher in den Himmel kommt.

Fragen Sie mal Mark Zuckerberg, der kann ein Lied davon singen. Deshalb bin ich ganz glücklich, dass mein Konto leer ist. Dafür winkt im Jenseits eine Belohnung: Eine grüne Wiese unter blauem Himmel, ein kuscheliger, zahmer Löw, der friedlich schlummert. Ich schmiege mich an ihn, als Schaf verkleidet, aber bis in alle Ewigkeit.

George Michael dagegen wird zur Hölle fahren. Wegen der Tantiemen aus „Last Christmas“. Damit hat er sich einen goldenen Arsch verdient, gespeist aus den gequälten Schreien unzähliger schon auf Erden zum Radiohören Verdammter.

Jetzt aber nicht zu früh freuen. Schon mal überlegt, wie der Allmächtige Reichtum und Armut definiert? Bedient er sich der offiziellen Angaben der UN, und wenn ja, welcher? Laut absoluter Armutsgrenze kommen wir alle in die Hölle. Weil wir mehr als 1,25 Dollar am Tag verdienen. Sogar bei der taz. Laut relativer Armut könnte es gerade so für das ewige Schafsein ausreichen. Die richtet sich nach dem Durchschnittseinkommen des Landes, in dem man wohnt.

Einstweilen werden sich die Theologen mit diesen Fragen beschäftigen müssen. Als Zwischenlösung bietet sich die katholische Heilslehre an, die das Fegefeuer kennt: Im Totenreich wird die Sünde nicht im Feuerpfuhl abgegolten, sondern in einer weihnachtlichen Shoppingmall, in der folgende Liedzeile in Endlosschleife läuft:

Last Christmas, I gave you my heart. But the very next day, you gave it away.

Ich werde vorsichtshalber 99 Prozent meines Einkommens spenden.

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Beschäftigte sich für die taz mit der Corona-Pandemie und Impfstoffen, Klimawandel und Energie- und Finanzmärkten. Seit Mitte 2021 nicht mehr bei der taz.

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