Kolumne Pressschlag: Spanische Verhältnisse

Kritik an ihnen ist oft Windmacherei. Auch wenn die Bayern gegen Hoffenheim schwächeln, haben sie noch alles im Überfluss: Torchancen und Ballbesitz.

Hat noch nicht für jeden Star die richtige Position gefunden: Bayerns Trainer Pep Guardiola Bild: dpa

Der Boulevard ätzt: „Bayern würgt sich zum Rekordsieg!“ Ein Kommentator erkennt die Wiedergeburt der „Dusel-Bayern“. Und Guardiola, der Perfektionisten-Pep? Der sagt, er müsse sein Konzept korrigieren. Alarm! Tabellenführer Bayern München steckt nach angeblich 92 dahingerumpelten Minuten in Hoffenheim in einer tiefen Krise; das könnte jedenfalls annehmen, wer die Reaktionen auf den knappen 2:1-Sieg der Bayern in Nordbaden liest.

Dabei ist vieles an der Kritik vor allem hysterische Windmacherei. Zwar fielen die Tore der Bayern glücklich, das Passspiel flutschte nicht so perfekt wie sonst und Torchancen wurden am Fließband versemmelt. Aber selbst an einem vermeintlich schlechten Tag haben die Münchner ja noch alles im Überfluss: Ballbesitz und Torchancen. Die Wahrheit ist: Hoffenheim war chancenlos. Trotz Führung. Trotz eines patzenden Bayern-Keepers Manuel Neuer. Trotz Mario Götzes schlechter Leistung. Und: Zum dritten Mal hintereinander gewannen die Bayern ein Spiel trotz eines Rückstands.

Die Erkenntnis aus Hoffenheim tönt für die Liga eher bedrohlich als tröstlich: Selbst wenn die Bayern nicht ihre allerbeste Form zeigen, kommt es dennoch einer Tortur gleich, gegen sie zu spielen. Immer nur hinterherrennen, immer nur reagieren – das nervt und zehrt an den Kräften. Der tapfere Hoffenheimer Torschütze Niklas Süle gab hinterher ehrlich zu: „Dass die Bayern sooo gut sind, hätte ich nicht gedacht. Ich hatte das Gefühl, wir hätten sie mit 15 Mann zustellen können und wären trotzdem nicht an den Ball gekommen.“

Warum Münchens Trainer Guardiola hinterher dennoch geheimnisvoll von der Korrektur seines Konzepts raunte, hat erstens damit zu tun, dass er eben der Perfektionisten-Pep ist und noch nicht für jeden Star die beste Position gefunden hat. Zweitens hat der Spanier nach elf Spieltagen staunend erkannt, dass Erstligafußball in Deutschland „sehr, sehr gut“ sei und alle Mannschaften „sehr gut organisiert“ seien sowie „alle Trainer einen Plan“ hätten.

Mit Barcelona war es offensichtlich leichter, gegen Getafe zu gewinnen als mit Bayern gegen Hoffenheim. Und drittens weiß der Pep: Angesichts der Galaform von Dortmund muss seine Mannschaft sich steigern, will sie die Bundesliga gewinnen. Spanische Verhältnisse also doch in Deutschland: Bayern gegen Dortmund, Pep gegen Kloppo – der Ausrutscher Leverkusens in Braunschweig macht das deutlich.

Der BVB wird vom breiten Publikum geliebt für sein Spektakel-Pressing, die Bayern nur geachtet für ihren Erfolg. Das nervt Hoeness und Rummenigge und den ganzen FC Bayern. Die Rekord-Münchner wissen seit dem Wochenende: Krisengefahr droht einzig aus Dortmund. Und zwar langfristig. Das ist so lästig wie ein Stachel im Fleisch. Dagegen ein 2:1 in Hoffenheim? Morgen schon abgehakt.

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