Kolumne Unter Leuten: Reisefreiheit nur für Touristen

Die Grenze zwischen Israel und Palästina ist nicht für jeden durchlässig. Die einen dürfen nicht nach Israel, und die anderen nicht nach Palästina.

Mauer zwischen Israel und Palästina

Eine Betonmauer zwischen Israel und Palästina Foto: dpa

Im Nahen Osten merkt man erst, wie wertvoll ein deutscher Reisepass ist. Die israelische Armee hindert Palästinenser daran, nach Israel zu reisen, wenn sie keine Genehmigung haben. Und verbietet es israelischen Juden, die palästinensischen Autonomiegebiete zu betreten. Reisefreiheit gibt es hier nur für Touristen.

Dem Künstler Hillel Eflal ist das egal. Ich treffe ihn in Ramallah im Westjordanland. Wir sitzen vor dem Ofen im Dachgeschoss unseres Hostels und trinken palästinensisches Shepherds Beer. Das Feuer knistert, vertreibt die Kälte der Dämmerung. Draußen ruft der Muezzin.

Eigentlich dürfte Hillel gar nicht hier sein. Er ist Israeli und Jude. Trotzdem lebt er seit anderthalb Jahren im Hostel. Hillel ist 34, trägt Vollbart. Er erzählt mir von dem Wandgemälde im Erdgeschoss, an dem er arbeitet.

Wie er hierher gekommen ist, möchte ich wissen.

Ganz einfach, sagt Hillel. Mit dem Fahrrad. Die israelische Armee kontrolliert nicht, wer in die palästinensischen Gebiete einreist. Nur die Ausreise ist knifflig. „Du musst wissen, welche Straßen und Checkpoints du nimmst“, sagt Hillel. Es ist möglich, aber illegal.

Nach elf Jahren zurück

Aufgewachsen ist Hillel in einem Kibbuz. Er studierte Kunst in Jerusalem, ein Jahr, dann schmiss er hin, ging in die USA, baute Fahrräder und fuhr damit durchs Land. Das Reisen wurde zur Droge. Nach elf Jahren kam er zurück nach Israel. Und reiste weiter. Erster Stopp: Ramallah.

Ramallah ist für viele Israelis so weit weg wie Pakistan oder der Iran, auch wenn die Stadt gerade mal 20 Kilometer nördlich von Jerusalem liegt. Mit ihr verbindet man in Israel Terror und Radikalismus. Dabei ist Ramallah eine lebendige, recht liberale arabische Stadt mit Bars und Nachtclubs.

Hillel gefiel es hier so gut, dass er blieb. Seine Familie war schockiert. Es ist nicht gefährlich in Ramallah, solange du dich nicht als Israeli zeigst, sagt er. Nur die Betreiber des Hostels wissen, wo er herkommt. Mittlerweile hat Hillel genug gesehen. Er will wieder aufs Fahrrad, sagt er und nippt am Bier. Sein nächstes Ziel: Berlin.

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