Kolumne Unter Leuten: In Ein Gedi, Israel

Gundi Shachal und die Perlen des Toten Meeres: Wegen des sinkenden Wasserspiegels musste der öffentliche Strand von Ein Gedi schließen.

Eine Frau steht neben Wasser

Die israelische Touristenführerin Gundi Shachal Foto: Philipp Eins

Das ganze Ufer ist voller Salzkörner. Umweltschützerin Gundi Shachal hockt auf der israelischen Seite des Toten Meeres und streicht mit den Fingern durch die glasigen Kiesel. „Wir nennen sie die Perlen vom Toten Meer“, sagt Gundi. Seit Jahrhunderten ist der See, der zehnmal so salzig ist wie der Atlantik, als Heilquelle bekannt. Schon antike Herrscher wie König Salomon und Königin Kleopatra badeten sich in dem mineralhaltigen Wasser gesund. Wenn nicht schnell etwas geschieht, könnte damit bald Schluss sein. Das Tote Meer trocknet langsam aus.

„Der Wasserspiegel sinkt schon seit etwa 30 Jahren“, sagt Gundi, eine hagere Frau mit dunklen, kurz geschnittenen Haaren. Wegen der Mineralindustrie und durch intensive Landwirtschaft im Jordantal hat der See in 50 Jahren ein Drittel seiner Fläche verloren. Ein Meter pro Jahr sinkt der Wasserstand. „Als ich 1979 ins Kibbuz Ein Gedi kam, ging das Wasser bis zur Hauptstraße. Heute kann man schon einen Kilometer weit laufen.“

Der Kibbuz Ein Gedi liegt auf einem Abhang oberhalb des Toten Meeres – eine mit Palmen und Akazien bepflanzte Oase. In den Gründungsjahren war Ein Gedi so etwas wie ein sozialistischer Stadtstaat. Die Einwohner verdienten als Landwirte den Lebensunterhalt, alle Einkünfte gingen an den Kibbuz.

Seit den 80er Jahren hat sich das Leben hier verändert. Viele Einfamilienhäuser wurden privatisiert. Die Einwohner leben vom Tourismus. Wegen des sinkenden Wasserspiegels im Toten Meer musste der öffentliche Strand von Ein Gedi vor ein paar Jahren schließen. Da sich die stützende Salzschicht im Boden löst, bilden sich Senklöcher. 4.000 solcher Löcher seien allein am westlichen Ufer entstanden, erzählt Gundi. 300 kommen jedes Jahr dazu.

Gleich hinter dem Salzstrand beginnt eine dunkle Kraterlandschaft, die sich längs des Ufers zieht. Ein falscher Schritt und man fällt hinein. Die Senklöcher bilden sich ganz plötzlich. Einmal wurde ein Forscher von der Erde verschluckt, sagt Gundi. „Er wartete 14 Stunden lang in dem Graben auf Hilfe.“ Auch Dattelplantagen, Campingplätze und Straßen sind schon zusammengebrochen. Doch Gundi weiß, wie man sich durch das Gebiet bewegt. Sie bietet regelmäßig Ökotouren zu den Senklöchern an.

Sollte es so weitergehen, befürchtet Gundi ernste Folgen: „Der öffentliche Strand hat früher Tausende Urlauber hierher gebracht.“ Mittlerweile fahren die Familien lieber ans Mittelmeer. „Es fühlt sich so an, als würde uns die Lebensgrundlage genommen.“

2018 will Jordanien mit dem Bau einer 180 Kilometer langen Pipeline vom Golf von Akaba ins Tote Meer beginnen. Meerwasser wird entsalzt, um die Landwirte zu entlasten – und das Tote Meer wieder aufzufüllen. Gundi bleibt nur zu warten.

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