Kolumne Was bisher geschah: Traditionslinien

Regisseur Philippe Mora wühlt im Berliner Archiv und wird fündig. Zwei 30-minütige 3-D-Schwarzweißfilme aus dem Jahr 1936. Da hat der Australier ein Händchen für.

Am Ende stehen die deutschen 3-D-Dokumentaristen der Internationalen Filmfestspiele Berlin 2011 doch wieder nur in der Tradition ihrer Naziväter. Der australische Regisseur Philippe Mora, der wegen seines geplanten Films über Salvador Dalí auf der Berlinale ist, hat gerade jetzt im Bundesarchiv Berlin, dem Hauptsitz der Abteilung Filmarchiv, zwei 30-minütige 3-D-Schwarzweißfilme aus dem Jahr 1936 ausgegraben. Mora hat ein Händchen für solche Funde. Schon 1973 gelang es ihm für seinen Film "Swastika" zuvor unbekanntes Farbfilmmaterial aufzufinden, das Eva Braun, die Geliebte Hitlers auf dessen Feriendomizil, dem Obersalzberg gedreht hatte.

Die jetzt von Mora entdeckten 35-Millimeter-Filme - von offenbar technisch hervorragender Qualität - wurden in einem privaten Studio für Goebbels Propagandaministerium gedreht und als "Raumfilme" bezeichnet. Eigentlich ja ein deutlicher Hinweis auf 3-D, aber niemand hat es gecheckt. Nun wird Philippe Mora das Material in seinem Dokumentarfilm "How the Third Reich Was Recorded" verwenden.

Japanische Dokumentaristen haben es da viel besser. Ihre Traditionslinien laufen immer auf einen sagenhaften Altmeister zurück, wie etwa den 1912 in Hiroschima geborenen Regisseur Kaneto Shindo. Deshalb ist dann auch gleich ein Star wie Benicio del Toro mit von der Partie und interviewt den 99-jährigen Regisseur für die Dokumentation des japanischen Künstlers Noritoshi Hirakawa.

ist Kulturredakteurin der taz.

Auf Noritoshi Hirakawas Pseudo-iPhone laufen regelmäßig die Tweets ein: "Boring Party/Bergmann Retrospective" ist zu lesen, "go back to the hotel to work". Champagner in der Golden Bear Lounge von BMW ist also eine echte Alternative, zumal, wenn man Einblick in die Weise erhält, in der Laurence Weiner seine Filme macht. Der Altmeister der US-amerikanischen Concept Art stellt morgen "Dirty Eyes" auf dem Forum Expanded vor und Noritoshi Hirakawa hat den Film produziert. Als Hirakawa vor drei Jahren auf Weiners ersten Pornofilm "A Bit of Matter and a Little Bit More" stieß, mit dem sich Weiner mit dem "Deep Throat"-Konzept solidarisierte, Pornos in normalen Kinos zu zeigen, suchte er den Kontakt zu Weiner. "Dirty Eyes" ist ihr zweiter Film.

Mit Weiner zu arbeiten heißt, es gibt kein Script, es gibt auch kein Casting, obwohl Weiner genaue Vorstellungen von seinen Darstellern hat: "dont worry, everything comes by nature". Dafür, dass er die Rolle dieser Natur mit allen Risiken übernimmt, nennt Noritoshi Hirakawa einen einzigen Grund: "Lawrence ist ein wirklicher Künstler."

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war Filmredakteurin, Ressortleiterin der Kultur und zuletzt lange Jahre Kunstredakteurin der taz. Seit 2022 als freie Journalistin und Autorin tätig. Themen Kunst, Film, Design, Architektur, Mode, Kulturpolitik.

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