Kolumne Wir retten die Welt: Houston, du bist ein Problem

Houston in Texas ist die Ölhauptstadt der USA. Und damit auch „the biggest problem in the world“ – zumindest, was den Klimaschutz angeht.

ein Schiff fährt an einer Raffinerie vorbei

Klimasünder: Raffinerie in Houston Foto: reuters

Das ökologisch korrekte Leben in Houston, Texas, ist eigentlich ganz einfach: Das Hotel fordert mich auf, das Handtuch mehr als einmal zu benutzen. Am Flusslauf Buffalo Bayou schlängelt sich ein schöner Wanderpfad. Die Stadt bezieht ihren Strom rein rechnerisch fast vollständig aus Wind und Sonne. In der Innenstadt rattert sogar eine Straßenbahn.

Auch in den Glastürmen der Energiekonzerne, die sich Downtown auf die Füße treten, ist das Öko-Zeitalter angebrochen. Doch, doch. Man muss diese Logik nur richtig verstehen. Der Überfluss an billigem Gas, das die Weltmärkte flutet? Vertreibt weltweit die Kohle und ist ein Beitrag zum Klimaschutz, sagen sie hier. Die riesigen Hafengebiete, die für den Export von Gas in die Feuchtgebiete an der Küste betoniert werden? Schaffen als Ausgleich mehr Feuchtgebiete als vorher. Sie sind also „netto-positiv“ für die Umwelt. Texas, das Saudi-Arabien der USA? Nun, der Staat produziert so viel Windkraft wie kein anderer in den USA. Everything is bigger in Texas.

Die Probleme dagegen sind gut versteckt. Die Klimakiller aus der Öl- und Gasförderung (gern gefördert durch Steuergeld) sieht und riecht man nicht, Kohlendioxid und Methan zischen unbemerkt in die Atmosphäre. Das Gift aus den flächendeckenden Chemieanlagen rund um die großen Städte und an der Küste findet nur, wer genau hinschaut. Die Entscheidungen der Ölmagnaten fallen verschwiegen hinter verspiegelten Hochhausfassaden.

Das Eigentliche, sagte der Kleine Prinz von Antoine de Saint-Exupéry, ist unsichtbar.

Ständig neue Rekorde bei der Ölproduktion

Aber der hätte hier ohnehin nichts zu melden. Schon, weil er der kleine Prinz ist. Um in Texas Gehör zu finden, müsste er mindestens der größte Prinz aller Zeiten sein. Besser noch: der größte Ölprinz. Hier stellen sie jedes Jahr neue Rekorde bei der Produktion von Öl und Gas auf. Sie nennen sich „Energiehauptstadt der Welt“, meinen damit aber nur Zeug, das man verbrennen kann. Houston versammelt global die meisten Konzernzentralen von „Top 100 Polluters“, zeigt eine aktuelle Untersuchung. Absolutes Weltniveau.

Da muss es natürlich auch der stärkste Regensturm aller Zeiten sein, der die Stadt verwüstet. Monster-Hurrikan Harvey wollte mit seinen Wassermassen vor zwei Jahren gar nicht mehr weg. In den letzten drei Jahren hatte die Stadt in jedem Jahr Niederschläge wie sonst nur alle 100 Jahre. Kurz vor unserem Besuch stand Houston wieder unter Wasser. Everything is bigger in Texas. Oder wie es die Astronauten der Apollo 13 Mission formuliert haben: Houston, we have a Problem. The biggest Problem in the World.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Jahrgang 1965. Seine Schwerpunkte sind die Themen Klima, Energie und Umweltpolitik. Wenn die Zeit es erlaubt, beschäftigt er sich noch mit Kirche, Kindern und Konsum. Für die taz arbeitet er seit 1993, zwischendurch und frei u.a. auch für DIE ZEIT, WOZ, GEO, New Scientist. Autor einiger Bücher, Zum Beispiel „Tatort Klimawandel“ (oekom Verlag) und „Stromwende“(Westend-Verlag, mit Peter Unfried und Hannes Koch).

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.