Kolumne Wortklauberei: Neues aus dem Inkompetenzzentrum

Jetzt ist es schon wieder passiert: Massaker am gesunden Menschenverstand.

Um Himmels willen! Es ist schon wieder ein Massaker passiert, "ein Massaker an der Meinungsfreiheit"! Ein solches sieht zumindest der türkische Ministerpräsident Erdogan angerichtet durch das neue französische "Völkermordgesetz", das die Leugnung des türkischen Genozids an den Armeniern unter Strafe stellt.

Jetzt kann man über den Sinn dieses Gesetzes und die Beweggründe von Sarkozy streiten, aber sich vom Regierungschef eines Landes, in dem kritische Publizisten wegen "Beleidigung des Türkentums" für Jahre hinter Gittern wandern und das einen Krieg gegen eine Minderheit im eigenen Land führt, in dem just vor ein paar Wochen mal wieder 35 Zivilisten bei einem Luftangriff zu bröseliger Kohle verbrannt worden sind, sich von dem was über "Meinungsfreiheit" und "Massaker" erzählen lassen zu müssen, das ist schon gschmackig.

Man könnte nun als Nachrichtenrezipient so reagieren, dass einen solches Drecksgeschwätz dermaßen wahnsinnig macht, dass man aus dem Sessel springen und am liebsten den Fernseher zu Klump dreschen würde. Andererseits könnte man ruhig bleiben und sich sagen: Das ist halt ein Politiker, der bei einem hoch emotionalen Thema auf saftig-populistische Rhetorik setzt.

Ich weiß nicht, wies Ihnen geht: Mich persönlich macht solches Drecksgeschwätz dermaßen wahnsinnig, dass ich aus dem Sessel springen und am liebsten den Fernseher zu Klump dreschen würde. Ja. Ich dachte auch, dass das im Alter mal leichter wird, dass man irgendwann solche Sachen schulterzuckend hinnimmt, aber im Gegenteil: Ich kann es von Minute zu Minute weniger ertragen, wenn Erwachsene, zumal "Entscheider", sehenden Auges Bullenscheiße daherlabern.

Zum Beispiel die Pressekonferenz von Hans-Peter Friedrich und Kristina Schröder nach dem "Spitzentreffen gegen Rechtsextremismus". "Es darf nicht sein", mümmelte da der Innenminister, "dass Menschen Angst haben vor Gewalttätigkeit von Extremisten." Mal abgesehen davon, dass ich mir nicht aussuchen oder vorschreiben lassen kann, wovor ich Angst habe – und vor "Gewalttätigkeit" resp. Gewalt habe ich nun mal Angst –, ist schon klar, was der Herr Minister wohl mal wieder meint, auch wenn ers nicht ausdrücken kann.

Klar ist auch, dass der CSU-Mann, dessen Partei ständig darauf hinweisen muss, man dürfe jetzt vor lauter Nazi-Hype die bösen Linken nicht vergessen, selbst bei einer Veranstaltung, in der es explizit um Rechtsextremismus geht, lieber salomonisch von "Extremisten" spricht.

Und, ja, man möchte hergehen und ihm diesen windelweichen Baaz in seine Löckchen schmieren. Neben ihm sitzt mit rougeroter Gosche die Schröder, die ankündigt, jetzt die 2 Millionen Euro, die sie letztes Jahr Initiativen gegen rechts an Fördergeldern gekappt hat, in ein "Kompetenzzentrum" zu pumpen, und dafür schon wieder gelobt werden will.

Ein geltungssüchtiges Mädi und ein linksparanoider Saftsack sind die Speerspitzen der Bundesregierung im Kampf gegen die Neonazis. Wenn man so will: ein Massaker am gesunden Menschenverstand.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.