Kommentar ADAC-Gutachten: Bürgerrechte auf der Autobahn

Der ADAC als Partner im Kampf für den Datenschutz - warum nicht? Manche Linke mag es bei solchen Verbündeten grausen. Doch sie sollten froh darüber sein.

Erstaunlich, wer sich alles für den Datenschutz engagiert. Bei der Gesundheitskarte sind es konservative Ärzteverbände. Als es um die heimliche Überwachung von Computern ging, wollte die Gewerkschaft der Polizei statt eines Bundestrojaners lieber mehr Beamte eingesetzt sehen. Und gegen das Scannen von Nummernschildern durch die Polizei protestiert jetzt der ADAC.

Vorbei sind die Zeiten klarer Links-rechts-Fronten, wenn es um Bürgerrechte geht. Auch wenn es manche Linke bei solchen Verbündeten grausen mag: Sie sollten froh darüber sein. Denn obwohl das Thema Datenschutz inzwischen mehr Aufmerksamkeit bekommt als noch vor zwei, drei Jahren: Die Protestbewegung allein ist zu schwach, um die Meinung in den Parlamenten und der Öffentlichkeit beeinflussen zu können. Sie braucht Partner, und davon gibt es derzeit nicht allzu viele.

Im Bundestag vertritt keine Partei ernsthaft die Anliegen der Bürgerrechtler. Die SPD möchte all das, was auch die CDU will, solange das Verfassungsgericht zustimmt. Die Grünen beschränken sich auf ihr Dasein als Ökolobby, die Linke hat sich auf ihre Rolle als Sozialstaatspartei zurückgezogen. Und in der FDP versteht man unter "liberal" offenbar einen reinen Wirtschaftsbegriff.

Auch außerhalb des Parlaments können Datenschützer kaum mit Unterstützung rechnen. Selbst von Attac ist wenig zu hören, obwohl staatliche Überwachung gerade in den letzten Monaten viele Globalisierungskritiker betroffen hat. Ebenso still verhalten sich die ehemaligen DDR-Bürgerrechtler, welche die Gefahren staatlicher Überwachung noch aus eigener Anschauung kennen. Sie scheinen so dankbar, der DDR entkommen zu sein, dass sich die meisten nicht despektierlich zur Verletzung von Grundrechten in der Bundesrepublik äußern mögen.

Wem es um den Schutz persönlicher Daten geht, ist also auf jeden Verbündeten angewiesen, den er bekommen kann. Mit denen mag vielleicht sogar etwas möglich sein, das rein linke Allianzen seit langem nicht mehr vermocht haben - nämlich, die Relevanz dieses Themas über einen kleinen Kreis von Eingeweihten hinaus einer breiteren Öffentlichkeit deutlich zu machen.

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Redakteur im Ressort Reportage und Recherche. Autor von "Wir waren wie Brüder" (Hanser Berlin 2022) und "Ich höre keine Sirenen mehr. Krieg und Alltag in der Ukraine" (Siedler 2023). Reporterpreis 2018, Theodor-Wolff-Preis 2019, Auszeichnung zum Team des Jahres 2019 zusammen mit den besten Kolleg:innen der Welt für die Recherchen zum Hannibal-Komplex.

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