Kommentar Adoptionsrecht: Die Politik vor sich her treiben

Gerichte zwingen die Politik zur Anerkennung gesellschaftlicher Realitäten. Das ist einer fortschrittlichen Demokratie unwürdig.

Die Konservativen erkennen noch immer nicht an, dass die Welt sich gewandelt hat Bild: indecent / photocase.com

Sieben Jahre haben die beiden lesbischen Frauen darum kämpfen müssen, für ihre Tochter gemeinsam rechtlich Verantwortung tragen zu können. Nur eine der beiden durfte das Mädchen adoptieren, ihrer Partnerin blieb die Adoption verwehrt. Bis heute. Dass erst das höchste deutsche Gericht diese so genannte Sukzessivadoption für homosexuelle Paare für zulässig erklären muss, ist der Borniertheit der Politik – insbesondere der Union – zuzuschreiben.

Denn die Konservativen erkennen noch immer nicht an, dass die Welt sich gewandelt hat. Die Gesellschaft ist heute mehrheitlich für die Gleichstellung von Schwulen und Lesben. Wir haben einen schwulen Außenminister, schwule Oberbürgermeister und lesbische Tatortkommissarinnen. Die Union aber sieht die Institution der Familie bedroht, weil ein paar tausend schwule und lesbische Paare Kinder adoptieren wollen.

Mit ihrer homophoben Haltung sind CDU und CSU politisch isoliert. Alle anderen Parteien im Bundestag sind für die Gleichstellung von Schwulen und Lesben. Genau deshalb aber wird die Union kaum nachgeben und nach dem Karlsruher Urteil etwa das gemeinsame Sorgerecht für homosexuelle Paare – was nur die logische Konsequenz aus dem Richterspruch wäre – auf den Weg bringen. Die rechtliche Unterscheidung zwischen Ehepaaren und homosexuellen Lebenspartnern ist für sie eine der letzten verbliebenen Alleinstellungsmerkmale. Eine Gleichstellung würde an ihren politischen Grundpfeilern rütteln und ihren Markenkern weiter verwässern.

Solange die Union also an der Macht ist, wird Karlsruhe die Politik weiter vor sich hertreiben und zur Gleichstellung zwingen müssen. Die nächste Verfassungsbeschwerde gegen das Verbot des gemeinsamen Adoptionsrechts für Schwule und Lesben ist bereits in Vorbereitung. Noch in diesem Jahr wird das Urteil zur steuerlichen Gleichstellung erwartet. Dass aber Gerichte die Politik zur Anerkennung der Realität zwingen müssen, ist eines demokratischen, fortschrittlichen Staates unwürdig.

Deshalb braucht es den Regierungswechsel. Für SPD und Grüne kann die Gleichstellung homosexueller Paare ein wichtiges Wahlkampfthema werden. Ein gemeinsames Projekt, das sich nach der Wahl leicht umsetzen ließe. Statt weiter mühsam an unzähligen Paragrafen herumzuschrauben, wäre der deutlich einfacherer Weg die Ehe für schwule und lesbische Paare zu öffnen. Andere Länder wie Spanien und die Niederlande haben es vorgemacht.

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Jahrgang 1984, hat Journalistik und Soziologie in Leipzig studiert. Seit 2009 ist er bei der taz. Nach seinem Volontariat war er Redakteur in der sonntaz, bei taz.de, bei taz2/Medien und im Inlandsressort. Jetzt Ressortleiter der wochentaz.

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