Kommentar AfD: Eine Partei dreht am Rad

Die kompromisslose Ablehnung von Flüchtlingen rechnet sich für die AfD. Auch dumpfe Parolen schrecken das rechte Wählerpotenzial nicht ab.

Demonstration der AfD in Berlin Anfang November.

Die AfD setzt auf Angst und Schrecken Foto: ap

Aller Dilettantismus, alle peinlichen Fernsehauftritte, alle Demonstrationen mit gewaltsuchenden Neonazis haben nichts genutzt: Der Stimmungsaufschwung für die AfD hält an. Erstmals seit ihrem Bestehen sieht sie ein Meinungsforschungsinstitut als drittstärkste Partei des Landes. Die 10,5 Prozent stehen dabei nicht für eine kluge Strategie – sondern für die zunehmende Radikalität ihrer Anhängerschaft.

Für die Partei geht die Fokussierung auf die kompromisslose Ablehnung von Flüchtlingen auf. Die geschürten Ängste einen das rechte Wählerspektrum wie nie zuvor. Schon seit vielen Jahren wird dieses Potenzial jenseits der Union auf bis zu 20 Prozent geschätzt. Bislang scheiterten alle Versuche, diese Wählerschichten zu binden, ob durch „Republikaner“, Schill-Partei oder Pro-Bewegung. Schuld war stets die eigene Unfähigkeit.

Auch die AfD stellt sich kaum klüger an als ihre Vorgänger. Ihre Fraktionen in drei ostdeutschen Landtagen fallen vor allem durch dumpfe Parolen auf, etwa wenn sie in Thüringen die Zahl der Homosexuellen erfragen will. Darüber hinaus ist wenig zu vernehmen.

Auch der Balanceakt, radikal, aber nicht gewalttätig zu sein, gelingt ihr nicht. Die im Zuge ihrer „Herbstoffensive“ organisierten Demonstrationen waren ein Anziehungspunkt für Nazi-Hools und NPD-Funktionäre – von einem bürgerlichen Erscheinungsbild keine Spur.

Selbst die hierzulande so hoch gelobte innerparteiliche Einigkeit fehlt. Der nächste Machtkampf – diesmal zwischen der Vorsitzenden Frauke Petry und dem Rechtsaußenflügel um Björn Höcke – steht vor dem offenen Ausbruch.

Doch all das wirkt für einen beträchtlichen Teil der Bevölkerung nicht mehr abschreckend. Für den Moment ist der Wunsch nach Ruhe, Ordnung und Seriosität in den Hintergrund gerückt. Die AfD hat das Signal verstanden; sie wird ihren Kurs noch weiter verschärfen. So gefährlich das ist, liegt darin auch eine Chance: Sie könnte das Rad überdrehen.

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Redakteur für parlamentarische und außerparlamentarische Politik in Berlin, für Krawall und Remmidemmi. Schreibt über soziale Bewegungen, Innenpolitik, Stadtentwicklung und alles, was sonst polarisiert. War zu hören im Podcast "Lokalrunde".

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