Kommentar Alter und Job: Arbeitgeber, hört auf zu heucheln!

Die Rente mit 63 plus eine Phase der Arbeitslosigkeit könnte die Frühverrentung befördern, warnen Arbeitgeber. Das ist lächerlich!

Halten kaum bis 63 durch: Dachdecker. Bild: dpa

Man reibt sich dieser Tage schon die Augen und glaubt zu träumen, wenn man die Arbeitgeber über die Rente mit 63 jammern hört. So viel Heuchelei ist selten.

Die Klage der Wirtschaft richtet sich gegen den frühen Berufsaustritt. Nach den bisherigen Rentenplänen soll es möglich sein, dass jemand, der 43 Jahre erwerbstätig war, schon mit 61 Jahren aus dem Betrieb ausscheiden und sich dann noch zwei Jahre arbeitslos melden kann bis zur abschlagsfreien Rente mit 63. Der frühe abschlagsfreie Ruhestand könnte eine Frühverrentungswelle auslösen, warnen die Arbeitgeber.

Diese Empörung wirkt lächerlich, denn genau über die Langzeitarbeitslosigkeit entsorgen die Unternehmen schon immer zu Tausenden ihre älteren Beschäftigten. Oft treffen sie einvernehmliche Regelungen zum Ausscheiden der Arbeitnehmer und kalkulieren den zweijährigen Bezug von Arbeitslosengeld I bis zur Rente mit ein. Mitunter fließt auch eine Abfindung.

Die Arbeitgeber haben es daher heute schon selbst in der Hand, ob ein Beschäftigter früher geht oder nicht. Sicher gibt es Betriebe, etwa in der Metallbranche, wo man das ältere Fachpersonal halten möchte, weil es inzwischen an Nachwuchs mangelt. Das ist aber nicht die Regel.

Die Bundesregierung wird nun noch ein bisschen an den Stellschrauben drehen. Am Ende sieht es vielleicht so aus: Wer früher aufhören muss oder möchte, wird das auch künftig mit einer Phase der Arbeitslosigkeit tun können. Nur gibt es nach der Arbeitslosigkeit mit 61 dann vielleicht mit 63 keine abschlagsfreie Rente, sondern ein Ruhegeld mit Abzügen wie bisher auch. Diese Ausgestaltung in den Sozialkassen entbindet die Wirtschaft nicht von ihrer ungelösten Aufgabe: dafür zu sorgen, dass überhaupt mehr Ältere in den Betrieben arbeiten können, auch jenseits des 61. Lebensjahres.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Wir würden Ihnen hier gerne einen externen Inhalt zeigen. Sie entscheiden, ob sie dieses Element auch sehen wollen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Redakteurin für Sozialpolitik und Gesellschaft im Inlandsressort der taz. Schwerpunkte: Arbeit, soziale Sicherung, Psychologie, Alter. Bücher: "Schattwald", Roman (Piper, August 2016). "Können Falten Freunde sein?" (Goldmann 2015, Taschenbuch).

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.