Kommentar Altersarmut: Minijob heißt Minirente

Über sieben Millionen Menschen in Deutschland sind Minijobber, zwei Drittel von ihnen sind Frauen. Für die Betroffenen heißt das ganz klar: ein Minus.

Minijobs und Teilzeit sind super. Sagen diejenigen, die diese Art zu arbeiten propagieren: Minijobs verhelfen Menschen zu einer Erwerbsarbeit, die sonst arbeitslos wären. Und Teilzeitstellen helfen Familien dabei, Kindererziehung und Erwerbsarbeit miteinander zu vereinbaren.

Über sieben Millionen Menschen in Deutschland sind MinijobberInnen, zwei Drittel von ihnen sind Frauen. Dazu kommen die vielen Frauen, die zwanzig Stunden und weniger arbeiten. Manche von ihnen wollen das so - nach einer längeren Familienphase und weil sie auf diese Weise die nötige Zeit haben, sich um ihre Kinder zu kümmern. Und weil das so gut klappt hierzulande, soll das deutsche Modell jetzt europaweit Schule machen.

Aber hat mal jemand ausgerechnet, was das für die Renten der Betroffenen bedeutet? Ganz klar: ein Minus. Wer nichts in die Rentenkasse einzahlt, bekommt auch nichts heraus. Und das hat dramatische Folgen: Auch Frauen, die heute arbeiten gehen, sind nicht unbedingt vor Altersarmut geschützt. Das beweist erneut eine aktuelle Studie. Schuld daran ist aber eben nicht "die Arbeit" an sich, sondern die Art der Arbeit.

Daher sollte es Ziel der Politik sein, prekäre Jobs abzuschaffen. Aber genau das Gegenteil passiert. Gleichzeitig wird die Altersarmut von Frauen tabuisiert, und es werden Lebensmodelle staatlich gefördert, die Frauen vom Arbeitsmarkt fernhalten oder nur geringfügig arbeiten lassen. Allzu bekannte Stichworte sind hier: Ehegattensplitting, kostenlose Mitversicherung von Hausfrauen in der Krankenversicherung des Ehemanns, Propagierung der Witwenrente als Allroundabsicherung.

Experten, die darauf regelmäßig hinweisen, werden hierzulande aber nicht so recht ernst genommen und häufig als familien- und frauenfeindlich beschimpft. Stattdessen wird über das Betreuungsgeld diskutiert, das Frauen einen weiteren Anreiz bietet, zu Hause zu bleiben. Der Kita-Ausbau stockt, weswegen Frauen, die arbeiten wollen, es nicht können.

Ein Fazit der Studie muss lauten: Frauen sollten bestrebt sein, ihr Leben lang Vollzeit zu arbeiten und den Job nur kurze Zeit für die Familie an den Nagel zu hängen. Nur so können sie sich eine eigene Rente sichern.

Aber das durchzusetzen ist schwierig. Der kulturelle Wandel an dieser Stelle ist zäh. Er braucht politische Unterstützung.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Ressortleiterin taz.de / Regie. Zuvor Gender-Redakteurin der taz und stellvertretende Ressortleiterin taz-Inland. Dazwischen Chefredakteurin der Wochenzeitung "Der Freitag". Amtierende Vize-DDR-Meisterin im Rennrodeln der Sportjournalist:innen. Autorin zahlreicher Bücher, zuletzt: "Und er wird es immer wieder tun" über Partnerschaftsgewalt.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.