Kommentar Anti-Terror-Einsatz Chemnitz: Sicherheit dank Syrern

Der Terrorverdächtige aus Chemnitz kommt aus Syrien. Die Männer, die seine Festnahme ermöglichten, sind auch Syrer. Das zeigt: Herkunft spielt keine Rolle.

Zwei Polizisten in Schutzkleidung, vor ihnen ein großes Polizeifahrzeug

Ein Großaufgebot der Polizei schaffte es nicht, einen 22-Jährigen zu stoppen – drei Syrer schon Foto: dpa

Die öffentlichen Verlautbarungen der CSU funktionieren häufig nach einem vorhersehbaren Reiz-Reaktions-Schema. Jüngstes Beispiel: Die CSU-Aussagen zum Anti-Terror-Einsatz in Sachsen. Kaum war bekannt geworden, dass der mutmaßliche Terrorist, der in einer Chemnitzer Plattenbausiedlung mit hochgefährlichem Sprengstoff hantiert hat, ein aus Syrien stammender Flüchtling ist, forderten CSU-Vertreter eine stärkere Sicherheitsüberprüfung von Einwanderern mithilfe der Geheimdienste. Sein Subtext: Syrer in Deutschland – eine Gefahr für die innere Sicherheit. Die Hetzer von AfD, Pegida und Co wird es gefreut haben.

Man kann die Geschehnisse in Chemnitz aber auch aus der gegenteiligen Perspektive betrachten: Syrer in Deutschland – Retter der inneren Sicherheit. Denn es waren drei Landsleute des Terrorverdächtigen, die den flüchtigen Mann mit in ihre Wohnung nahmen und später gefesselt dem Sondereinsatzkommando übergaben.

Einen Terrorverdächtigen übrigens, den die Polizei bei ihrer Razzia entkommen ließ und trotz polizeilichen Großaufgebots fast zwei Tage lang nicht fand. Eine Panne, die verheerende Folgen hätte haben können. Schließlich wusste man nicht, ob der Flüchtige bewaffnet ist oder gar eine Bombe bei sich hat.

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat diesen drei Syrern nun zu Recht gedankt. Ihr beherzter Einsatz macht Hoffnung – auch über den konkreten Einzelfall hinaus. Denn er eröffnet in diesen polarisierten Zeiten den Blick auf eine dritte Perspektive: Dass es in dieser Frage keine Rolle spielt, ob einer Syrer oder Deutscher ist, ob er als Flüchtling ins Land kam oder hier geboren ist.

Entscheidend ist: Stellt sich jemand auf die Seite der Demokratie oder bekämpft er sie? Ist jemand für Terror und Gewalt oder dagegen? Zieht man hier die Grenze zwischen Wir und Ihr, dann ergibt sie Sinn. Ein gemeinsamer Kampf gegen Terror und Gewalt ist möglich. Dringend erforderlich ist er ohnehin.

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Jahrgang 1966, Politikwissenschaftlerin und Journalistin. Seit 1998 bei der taz - in der Berlin-Redaktion, im Inland, in der Chefredaktion, jetzt als innenpolitische Korrespondentin. Inhaltliche Schwerpunkte: Union und Kanzleramt, Rechtspopulismus und die AfD, Islamismus, Terrorismus und Innere Sicherheit, Migration und Flüchtlingspolitik.

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