Kommentar Asylverfahren: Nichts als Maulheldentum

Binnen einer Woche soll über unbegründete Asylanträge entschieden werden. Entscheidend ist aber die Personalausstattung des Bundesamts.

Thomas de Maizière guckt in die Luft

Die beschleunigten Grenzverfahren sind wohl vor allem eine Vision von Innenminister Thomas de Maizière Foto: dpa

Die Bundesregierung kündigt Beschleunigungen des Asylverfahrens an, von denen sie wohl selbst am besten weiß, dass sie völlig unrealistisch sind. Innerhalb von nur einer Woche soll ein beschleunigtes Verfahren bei sicheren Herkunftsstaaten durchgeführt sein. Binnen einer Woche soll an der Grenze über offensichtlich unbegründete Asylanträge entschieden werden.

Wie will man diese Fristen einhalten, wenn es heute oft schon Wochen dauert, bis ein Flüchtling überhaupt registriert ist und das Asylverfahren beginnen kann? Im Gesetzentwurf heißt es auch nur, das Asyl-Bundesamt „kann“ in den fraglichen Fällen ein beschleunigtes Verfahren durchführen. Das Amt wird wohl in aller Regel darauf verzichten, um sich nicht unnötig lächerlich zu machen.

Auch die beschleunigten Grenzverfahren sind wohl vor allem eine Vision von Innenminister Thomas de Maizière. Voraussetzung sind Grenzkontrollen, die aber laut Schengener Grenzkodex nur „vorübergehend“ zulässig sind. Und wenn Flüchtlingen am Grenzübergang die Inhaftierung droht, dann gehen sie eben über die grüne Grenze. Oder will de Maizière nun auch einen Stacheldrahtzaun um Deutschland errichten? Auch die Grenzgefängnisse müssten erst einmal gebaut werden.

Das alles erinnert an die schon bestehende Vorschrift, dass Flüchtlinge an der Grenze zurückgewiesen werden können, wenn ein anderer Staat der Europäischen Union für das Asylverfahren zuständig ist. Auch das klingt markig – und steht seit Jahren vor allem auf dem Papier.

Eine Beschleunigung der Verfahren ist sinnvoll, weil die Betroffenen schnell wissen sollen, wie es für sie weitergeht. Entscheidend ist aber die Personalausstattung des Bundesamts. Da jeder Asylantrag individuell geprüft wird (was niemand kritisieren sollte), sind schneidige Verfahrensregelungen nur Maulheldentum, solange das Personal fehlt, sie auch anzuwenden.

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Geboren 1965, Studium in Berlin und Freiburg, promovierter Jurist, Mitglied der Justizpressekonferenz Karlsruhe seit 1996 (zZt Vorstandsmitglied), Veröffentlichung: „Der Schiedsrichterstaat. Die Macht des Bundesverfassungsgerichts“ (2013).

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