Kommentar Außenpolitik der Piratenpartei: Der Schwarm und seine Phrasen

Die Piratenpartei hat gute Chancen, 2013 in den Bundestag einzuziehen – höchste Zeit, dass sie sich mit Außenpolitik befasst. Das fällt ihr nicht leicht.

Die Piratenpartei beschäftigt sich ein Wochenende lang auf einer Konferenz mit Außenpolitik: Allein das ist für viele schon überraschend. Müssen sich die Piraten doch immer vorwerfen lassen, sich mit wichtigen Themen gar nicht zu beschäftigen.

Jetzt zeigen die Piraten zumindest Interesse, die Lücken zu schließen. Und darin liegt für die Partei eine Chance: Mit deutlich formulierten Alternativen könnten sie Wähler für sich gewinnen. Etwa mit der Forderung nach mehr Transparenz und parlamentarischer Kontrolle bei Rüstungsexporten, wie sie die schleswig-holsteinische Landtagsabgeordnete und Ex-Grünen-Chefin Angelika Beer erhebt.

Deutliche Ansagen also sind nötig. Einfach wird das nicht. Auf der Tagung in Potsdam wird deutlich, mit welchen Schwierigkeiten die Basisdemokratie der Piraten behaftet ist. Es gibt keine Vorgaben von oben, die Basis soll das Vollprogramm für die Bundestagswahl schreiben. Doch die Zeit für die Schwarmintelligenz ist äußerst knapp.

ist Redakteur im Inlandsressort der taz.

Ende November wollen die Piraten auf einem Parteitag in Bochum ihr Programm endgültig beschließen. Das Online-Werkzeug Liquid Feedback, mit dem die Piraten Anträge einbringen und abstimmen, ist dabei keine wirkliche Hilfe. Denn Liquid Feedback-Entscheidung ist nur begrenzt aussagefähig. Allenfalls ein paar hundert Mitglieder beteiligen sich, wenige „Superdelegierte“, denen viele Stimmen übertragen wurden, können das Ergebnis unter sich ausmachen.

Und einzelne Entscheidungen widersprechen sich. Die Piraten brauchen also Einzelpersonen und kleine Gruppen, die kompetent und zielgerichtet Programmbausteine erarbeiten. Der Schwarm, das wurde schon auf der vergleichsweise überschaubaren Konferenz deutlich, verliert sich allzu schnell in wolkigen Weltverbesserungsphrasen. Welche Punkte ins Programm aufgenommen werden, wird dann auf dem Parteitag entschieden. Und dort birgt der der radikale basisdemokratische Ansatz der jungen Partei enormes Überraschungspotenzial.

Denn die Piraten schicken keine Delegierten zu Parteitagen, jedes Parteimitglied kann kommen und mit abstimmen. Und keiner weiß so richtig, für was die Piratenmitglieder eigentlich stehen. Eines ist aber klar: Die Piraten müssen konkret Position beziehen, wenn sie nicht in der Versenkung verschwinden wollen. Am Anfang war es vielleicht noch frisch und ehrlich, wenn die Piraten sagten: „Dazu habe wir noch keine Position.“ Jetzt erwarten die Wähler konkrete Antworten. Und nicht nur im Bereich Außenpolitik sind weiße Flecken im Programm zu füllen.

Es gibt eine Reihe weiterer Themen, bei denen die Piratenpartei bislang keine Haltung hat: Wirtschaft, Euro-Krise oder die Energiewende. Und selbst in ihrem Kernthemenbereich, Internet und Urheberrecht, sind noch mehr Lücken als man erwarten würde.

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Von 2011 bis April 2023 bei der taz. Zuletzt Reporter im Ressort Reportage & Recherche mit Schwerpunkt auf investigativen Recherchen. Er hat Sozialwissenschaften studiert und die Deutsche Journalistenschule in München absolviert. Themen u.a. Rechtsextremismus in Bundeswehr und Polizei (#Hannibal), Geheimdienste und Missstände in NGOs. Er gibt Seminare zur (Online-)Recherche. Sicher zu erreichen per Threema: 7D8P2XSV

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