Kommentar Automobilindustrie: Das Blutbad kommt erst noch

Der Zwist zwischen Fiat und VW verdeutlicht den Druck auf die Autoindustrie. Riesige Überkapazitäten drücken auf die Preise. Die müssen die Autobauer wohl abbauen.

Es klingt wie ein rituelles Scharmützel zwischen zwei verfeindeten Konzernen, nach italienischem Temperament und etwas zu viel Sommerhitze in Wolfsburg. In Wahrheit steckt hinter dem Zoff zwischen Fiat und VW die pure Angst ums Überleben.

Sergio Marchionne hat der Nummer 1 in Europa vorgeworfen, bei Preisen und Margen ein „Blutbad“ angerichtet zu haben, VW forderte prompt seinen Rücktritt von der Spitze des europäischen Dachverbands. Ein „Blutbad“ steht dem Fiat-Boss aber wohl noch ins Haus. Ein Werk auf Sizilien hat Fiat bereits geschlossen, ein weiteres steht auf Marchionnes Abschussliste – aber das dürfte kaum reichen.

Die Italiener leiden – wie Opel, PSA Peugeot Citroën und Ford – unter gigantischen Überkapazitäten in Europa. Das führt derzeit zu einer für sie fatalen Zweiteilung der Autobranche: Nur wer in China und den USA gut aufgestellt ist – wie VW oder BMW –, kommt gut durch die Krise. Wer hauptsächlich auf sieche Heimatmärkte angewiesen ist, schmiert ab.

KAI SCHÖNEBERG leitet das Ressort Ökologie und Wirtschaft der taz.

In diesem Jahr werden in Europa rund 12,4 Millionen Autos verkauft. Ein Viertel weniger als vor der Krise, zudem gibt es hier nun starke Marken wie Hyundai oder Kia. Die Zahl der Beschäftigten sank bereits um gut ein Zehntel, wahrscheinlich sind das immer noch Zehntausende zu viel.

Derzeit werden Millionen Autos für die Halde gebaut, vor allem Kleinwagen; die meisten Überhänge gibt es in Südeuropa; Fiat gewährt fast ein Drittel Nachlass auf seinen Punto, Opel ähnlich viel auf den Astra. Das drückt auf die Margen. Und: Anders als Frankreich setzt die Regierung in Rom derzeit nicht aufs Päppeln der eigenen Industrie durch Subventionen.

Also: Marchionne sollte lieber gute Autos bauen, als gegen Wettbewerber zu keilen. Und VW darf nicht zu hochnäsig sein: Der Spanien-Tochter Seat geht es kaum besser als Fiat.

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Ist Leiter des Ressorts Wirtschaft und Umwelt. Er hat in Bonn und Berlin Wirtschaftsgeschichte, Spanisch und Politik studiert. Ausbildung bei der Burda Journalistenschule. Von 2001 bis 2009 Redakteur in Bremen und Niedersachsen-Korrespondent der taz. Dann Financial Times Deutschland, unter anderem als Redakteur der Seite 1. Seit 2012 wieder bei der taz.

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