Kommentar Blockade in Gaza: Treibstoff für den Moment

Die israelische Blockade des Gazastreifens zeugt von Hilflosigkeit. Und wird bloß zu weiterer Radikalisierung führen.

Die Krise rund um den Gazastreifen ist aufgeschoben, aber nicht aufgehoben. Erstmals seit Beginn der totalen Abriegelung hat Israel nun wieder Kochgas und Treibstoff in den Gazastreifen geliefert. Der reicht aber gerade einmal für ein paar Tage. Die Blockade selbst wurde nicht für beendet erklärt. Der israelische Premier Ehud Olmert formulierte die Prämisse höchstpersönlich: Israel werde keine humanitäre Krise im Gazastreifen zulassen. Gleichzeitig soll den Menschen das Leben in Gaza so schwer wie möglich gemacht werden, bis der Raketenbeschuss von dort auf israelisches Gebiet beendet wird. Es geht also um eine klassische Zermürbungstaktik, um dieses Ziel zu erreichen.

Abgesehen von der Frage, ob es legitim ist, die 1,5 Millionen Bewohner des Gazastreifens kollektiv für die Aktionen der Hamas abzustrafen, zeigt die Blockade die ganze israelische Hilflosigkeit im Umgang mit Gaza. Denn eine Blockadepolitik stößt schnell auf ihre Grenzen. Wenn in Gaza die Krankenhäuser keinen Strom mehr haben und das Abwasser durch die Straßen rinnt, weil es ohne Strom nicht abgepumpt werden kann, dann gerät Israel international unter Druck.

Die Alternative wäre ein Einmarsch der israelischen Armee in den Gazastreifen. Doch die hütet sich, in Gaza erneut in einen Guerillakrieg verwickelt zu werden - einen von der Art, den sie schon 2006 im Libanon nicht gewinnen konnte.

Ob Blockade oder militärischer Einmarsch: Die Hamas wird sich nicht in Luft auflösen. Solche Maßnahmen werden im Gazastreifen nur zu einer weiteren Radikalisierung führen. So bleibt ein Waffenstillstand zwischen Israel und Hamas der einzige Weg, den Teufelskreis zu durchbrechen.

Keine Raketen mehr vom Gazastreifen auf israelisches Gebiet, dafür aber auch keine israelischen Operationen mehr und ein Ende der "gezielten Tötung" von Hamas-Aktivisten, so könnte der Deal lauten - und natürlich ein Ende der Blockade. Das würde auf palästinensischer Seite den Riss zwischen Fatah und Hamas kitten. Und erst dann kann es zu Friedensgesprächen kommen, die diesen Namen auch verdienen.

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Karim El-Gawhary arbeitet seit über drei Jahrzehnten als Nahost-Korrespondent der taz mit Sitz in Kairo und bereist von dort regelmäßig die gesamte Arabische Welt. Daneben leitet er seit 2004 das ORF-Fernseh- und Radiostudio in Kairo. 2011 erhielt er den Concordia-Journalistenpreis für seine Berichterstattung über die Revolutionen in Tunesien und Ägypten, 2013 wurde er von den österreichischen Chefredakteuren zum Journalisten des Jahres gewählt. 2018 erhielt er den österreichischen Axel-Corti-Preis für Erwachensenenbildung: Er hat fünf Bücher beim Verlag Kremayr&Scheriau veröffentlicht. Alltag auf Arabisch (Wien 2008) Tagebuch der Arabischen Revolution (Wien 2011) Frauenpower auf Arabisch (Wien 2013) Auf der Flucht (Wien 2015) Repression und Rebellion (Wien 2020)

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