Kommentar Britischer Syrien-Einsatz: Luftangriffe ohne Konzept

Das britische Parlament beschließt den Einsatz gegen den IS. Es geht um Einfluss in der Region – und um Geld für die Rüstungsindustrie.

Ein Militärflugzeug auf einem Rollfeld, im Hintergrund ein Dorf in mediterraner Landschaft

Britischer „Tornado“ auf einem Stützpunkt in Süd-Zypern. Foto: reuters

David Cameron hat seinen Willen bekommen. Das Unterhaus in London stimmte am späten Mittwochabend mit einer deutlichen Mehrheit von 174 Stimmen dafür, die britischen Luftangriffe vom Irak auf Syrien auszudehnen. 67 Labour-Abgeordnete unterstützten den Antrag des Tory-Premierministers. Noch vor einem Monat hatte sich der Auswärtige Ausschuss des Unterhauses dagegen ausgesprochen: Mangels einer kohärenten internationalen Strategie hätte die Bombardierung nur einen marginalen Effekt, hieß es.

Ist eine solche Strategie seitdem entwickelt worden? Selbstverständlich nicht. Cameron weiß, dass dem IS nicht durch Bomben aus der Luft beizukommen ist. Deshalb verwies er auf die verbündeten Bodentruppen: „70.000 gemäßigte Rebellen“ stünden bereit, gegen den IS zu kämpfen. Der damalige Premierminister Tony Blair hatte 2003 Massenvernichtungswaffen erfunden, um Großbritannien in den Irakkrieg zu treiben, Cameron erfindet nun eine ganze Armee. Gäbe es sie tatsächlich, wäre der Krieg längst beendet.

Blair hat erst vorigen Monat eingeräumt, dass es ohne seinen Irakkrieg keinen IS gegeben hätte. Damals hatte er den Kriegsgegnern vorgeworfen, dem Terrorismus Tür und Tor zu öffnen. Cameron arbeitet mit denselben Mitteln: Labour-Chef Jeremy Corbyn sei ein „Sympathisant der Terroristen“, behauptet er. 2003 nickten die Abgeordneten den Krieg unter dem Eindruck der Anschläge vom 11. September in den USA ab, diesmal taten sie es im Nachklang der Pariser Anschläge.

Ist Cameron zu dumm, um aus der Geschichte zu lernen? Keineswegs. Er will auf der internationalen Bühne mitspielen und den britischen Einfluss im Nahen Osten sichern, aber vor allem will er damit die zusätzlichen zwölf Milliarden Pfund rechtfertigen, die in den nächsten zehn Jahren in die Rüstungsindustrie gepumpt werden. Insgesamt werden es 178 Milliarden Pfund sein. Wer dagegen protestiert, dass das Geld durch weitere Kürzung der Sozialausgaben aufgebracht wird, gilt wohl ebenfalls als Terroristenfreund.

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Geboren 1954 in Berlin. 1976 bis 1977 Aufenthalt in Belfast als Deutschlehrer. 1984 nach 22 Semestern Studium an der Freien Universität Berlin Diplom als Wirtschaftspädagoge ohne Aussicht auf einen Job. Deshalb 1985 Umzug nach Dublin und erste Versuche als Irland-Korrespondent für die taz, zwei Jahre später auch für Großbritannien zuständig. Und dabei ist es bisher geblieben. Verfasser unzähliger Bücher und Reiseführer über Irland, England und Schottland. U.a.: „Irland. Tückische Insel“, „In Schlucken zwei Spechte“ (mit Harry Rowohlt), „Nichts gegen Iren“, „Der gläserne Trinker“, "Türzwerge schlägt man nicht", "Zocken mit Jesus" (alle Edition Tiamat), „Dublin Blues“ (Rotbuch), "Mein Irland" (Mare) etc. www.sotscheck.net

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