Kommentar Bundesbank: Propaganda für Anfänger

Wenn die Bundesbank vor „Verlusten“ warnt, ist das nicht nur sachlich falsch, sondern auch nicht ihr Job. Wäre sie eine normale Sparkasse, wäre sie überflüssig.

Die Bundesbank rechnet mit Verlusten! Und die Eurokrise ist schuld! Das ist die eigentliche Nachricht der Jahrespressekonferenz, die Bankchef Jens Weidmann am Dienstag abgehalten hat. Aber was ist ein Verlust bei einer Notenbank? Das ist weniger eindeutig, als es scheint.

Die Bundesbank tut so, als wäre sie ein normales Unternehmen. Sobald ein Risiko in Sicht ist, werden „Rückstellungen“ gebildet. Gewinne werden nicht vollständig ausgeschüttet, sondern teils zurückgehalten, damit das Plus von heute den eventuellen Verlust von morgen ausgleicht. So macht es jeder Autokonzern und jede Sparkasse. Dabei wird jedoch übersehen, dass die Bundesbank kein normales Unternehmen ist. Sie kann unbegrenzt Verluste machen – weil sie das Geld selbst schöpft, also druckt.

Wie munter Notenbanken ins Risiko gehen können, zeigt die Schweiz: Dort hat die Nationalbank angekündigt, dass sie den Franken bei 1,20 Euro stabilisieren will. Dies wird nur geglaubt, weil die Bank erkennbar bereit ist, unbegrenzt Franken auf den Markt zu werfen. Steigt der Frankenkurs dennoch, drohen Milliardenverluste. Trotzdem hat noch niemand von einem denkbaren Untergang der Schweizer Nationalbank geredet.

Wenn also die Bundesbank vor „Verlusten“ warnt – dann ist dies keine ökonomische Notwendigkeit, sondern eine politische Aussage. Die Bundesbank will die Geldpolitik der Europäischen Zentralbank diskreditieren. Sie will bei den Wählern verankern, dass es gaaaaaaanz gefährlich sei, Staatsanleihen aufzukaufen oder Banken mit billigem Geld zu versorgen.

Diese politische Mission der Bundesbank ist nicht nur sachlich falsch; ohne die EZB-Geldpolitik wäre der Euro längst zusammengebrochen. Noch erstaunlicher ist, dass die Bundesbank selbst nicht versteht, warum es sie gibt: Wäre sie eine normale Sparkasse, wäre sie überflüssig. Zentralbanken existieren nur, damit wenigstens eine Institution steuern kann. Eben weil sie „Verluste“ verkraftet.

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Der Kapitalismus fasziniert Ulrike schon seit der Schulzeit, als sie kurz vor dem Abitur in Gemeinschaftskunde mit dem Streit zwischen Angebots- und Nachfragetheorie konfrontiert wurde. Der weitere Weg wirkt nur von außen zufällig: Zunächst machte Ulrike eine Banklehre, absolvierte dann die Henri-Nannen-Schule für Journalismus, um anschließend an der FU Berlin Geschichte und Philosophie zu studieren. Sie war wissenschaftliche Mitarbeiterin der Körber-Stiftung in Hamburg und Pressesprecherin der Hamburger Gleichstellungssenatorin Krista Sager (Grüne). Seit 2000 ist sie bei der taz und schreibt nebenher Bücher. Ihr neuester Bestseller heißt: "Das Ende des Kapitalismus. Warum Wachstum und Klimaschutz nicht vereinbar sind - und wie wir in Zukunft leben werden". Von ihr stammen auch die Bestseller „Hurra, wir dürfen zahlen. Der Selbstbetrug der Mittelschicht“ (Piper 2012), „Der Sieg des Kapitals. Wie der Reichtum in die Welt kam: Die Geschichte von Wachstum, Geld und Krisen“ (Piper 2015), "Kein Kapitalismus ist auch keine Lösung. Die Krise der heutigen Ökonomie - oder was wir von Smith, Marx und Keynes lernen können" (Piper 2018) sowie "Deutschland, ein Wirtschaftsmärchen. Warum es kein Wunder ist, dass wir reich geworden sind" (Piper 2022).

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