Kommentar Bundestagswahl 2013: Totalschaden für Rot-Grün

Das Wahlergebnis ist kein Unfall. Rot-Grün hat sich überlebt, es fehlt die funktionierende Arbeitsteilung. Und das Pathos der Emanzipation ist verblasst.

Das war wohl nichts. Bild: dpa

Ja, die SPD hatte mit Peer Steinbrück einen Kandidaten, der nicht zum Gerechtigkeitswahlkampf passte. Die Grünen hatten mit den Steuern ein Thema, das nicht zur Partei passte. Auch bei der grünen Klientel kommt erst ein niedriger Steuersatz und dann die Moral. Rot-Grün fehlte somit eine funktionierende Arbeitsteilung. Klüger wäre gewesen, wenn die SPD einen linken Kandidaten nominiert hätte und die Grünen als mittiger Konterpart aufgetreten wären. So hätten sie dafür gesorgt, dass die Kirche im Dorf bleibt.

All das aber ist nicht der Grund für das rot-grüne Scheitern. Es lag nicht am Personal oder ungeschickten programmatischen Justierungen. Dieses Ergebnis ist kein Unfall, es ist ein Totalschaden.

Eine überzeugende Mehrheit hatte Rot-Grün nur einmal: 1998. 2002 half das unverhoffte Glück, dass die PDS an der Fünfprozenthürde scheiterte. Seitdem gab es für Rot-Grün nie wieder eine realistische Chance für eine Mehrheit. Das einst „Neue Mitte“ getaufte Bündnis von Bildungsaufsteigern und Facharbeitern mit dem ex-alternativen Neobürgertum ist nicht mehrheitsfähig. Es verkörperte mal das Neue, Weltoffene, Moderne und Hedonistische. Das ist lange her. Die Union hat vorsichtig das Image des Altvorderen abgestreift. Reaktionäre Korrekturzeichen wie das Betreuungsgeld ändern daran nichts. Die Union ist anschlussfähiger geworden.

Im rot-grünen Milieu hingegen ist das Pathos der Emanzipation verblasst. Die hysterische, aufgepumpte Pädo-Debatte der Grünen ist ein Zeichen dafür: Die kulturelle Hegemonie des rot-grünen Milieus ist Geschichte. Zündende nach vorne weisende Ideen sind auch hier Mangelware. Das Adoptionsrecht für gleichgeschlechtliche Paare reicht nicht. Zudem hat die Merkel-CDU die Unterschiede abgeschliffen.

Die Linkspartei schließlich musste nicht viel tun für ihr gutes Ergebnis. Der Wahlkampf drehte sich fast nur um soziale Gerechtigkeit: Das zahlt sich eher bei Gysi als bei Trittin aus. Da es machtpolitisch um nicht viel ging, nahm man gern das Original. Unterm Strich heißt das: Das rot-grüne Lager ist Geschichte. Rot-Grün wird es in Zukunft, wenn überhaupt, nur mit dem Osten und Protestwählern geben., deshalb steht nun eine grundlegende Veränderung der Spielregeln an. Die Grünen werden sich öffnen müssen: Richtung Union oder Linkspartei.

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Stefan Reinecke arbeitet im Parlamentsbüro der taz mit den Schwerpunkten SPD und Linkspartei.

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