Kommentar Bundeswehr-Einsatz: Unübersichtliches Afghanistan

Die Bundesregierung muss klären, unter welchen Bedingungen deutsche Truppen in Afghanistan bleiben. Sonst übernehmen das die Gegner des Einsatzes.

Dass die Bundesregierung ihren Bürgern den Sinn des Afghanistan-Einsatzes nicht zu vermitteln vermag, ist nicht der größte Vorwurf, der in diesem Zusammenhang zu erheben ist. Schlimmer ist, dass auch die Afghanen selbst am Einsatz der Bundeswehr zu zweifeln beginnen. Vor dem Kommunikationsproblem steht immer das Problem in der Sache.

Doch hängt beides miteinander zusammen. Je schlechter die Nachrichten aus Afghanistan werden, desto unangemessener klingen aus dem Munde des Verteidigungsministers die immergleichen Worthülsen von der "friedlichen Entwicklung" bis zum "Konzept der vernetzten Sicherheit". Und mit der jetzt angetretenen Kampftruppe und der Entscheidung für 1.000 zusätzliche Soldaten dürfte die Diskrepanz zwischen wolkigen Reden und hässlichen Berichten noch wachsen.

Die Opposition fordert deshalb unablässig eine "ehrliche Zwischenbilanz". Neu macht jetzt auch die Idee die Runde, eine überparteiliche Kommission wie in Kanada einzurichten, die eine solche Zwischenbilanz erstellen und Ziele ohne Rücksicht auf Koalitionsbefindlichkeiten formulieren soll.

Nun schadet eine Kommission zum Faktensammeln sicherlich nie. Im Ergebnis allerdings hat auch die kanadische Kommission bloß 1.000 Nato-Soldaten mehr für die Unterstützung der Kanadier in Kandahar verlangt. Und sie hat die konservative Minderheitsregierung entlastet, die über den Afghanistan-Einsatz zu stürzen drohte.

Man kann sich leicht vorstellen, in welche Fleischwölfe eine deutsche Kommission im großkoalitionären Wahlkampf geraten würde. Vermutlich ist es aber auch eine irrige Vorstellung, dass eine Kommission die tausend verschiedenen Wahrheiten aus und über Afghanistan verschmelzen könnte. Die Bundeswehr kann überhaupt nicht offen kommunizieren. Die Nato-Partner stellen eigene Bedingungen. Der junge afghanische Staat muss gelenkt werden, soll aber souverän wirken. Niemand überblickt, was die zivilen Organisationen alles machen.

Einfach "raus" kommt die Bundesregierung da sowieso nicht. Aber wenn sie nicht selbst die Bedingungen erklärt, unter denen sie drin bleibt, übernehmen das die Einsatz-Gegner.

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Chefredakteurin der taz seit Sommer 2020 - zusammen mit Barbara Junge in einer Doppelspitze. Von 2014 bis 2020 beim Deutschlandfunk in Köln als Politikredakteurin in der Abteilung "Hintergrund". Davor von 1999 bis 2014 in der taz als Chefin vom Dienst, Sozialredakteurin, Parlamentskorrespondentin, Inlandsressortleiterin. Zwischendurch (2010/2011) auch ein Jahr Politikchefin bei der Wochenzeitung „der Freitag“.

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