Kommentar CSU-Parteitag: Auf dem Tandem in den Abgrund

Horst Seehofer und Markus Söder zeigen sich beim CSU-Parteitag einig wie noch nie. Doch die Harmonie-Offensive kommt zu spät.

Seehofer und Söder

Das neue CSU-Tandem: Horst Seehofer und Markus Söder Foto: Reuters

Da ist sie also wieder, die legendäre Geschlossenheit, derer sich die CSU so gern rühmt. Sie zu demonstrieren war einziger Sinn und Zweck dieses außerordentlichen Parteitags im Münchner Postpalast – und das ist auch eindrücklich gelungen. Vor allem Seehofer schaffte in einer nie gewesenen Zurückstellung des eigenen Egos den demonstrativen Schulterschluss mit seinem ungeliebten Ministerpräsidenten-Nachfolger Markus Söder. Das ist durchaus bemerkenswert, mag auch den einen oder anderen Wahlkämpfer noch beflügeln – aber von entscheidender Bedeutung ist es nicht. Nicht mehr.

Nach der verlorenen Bundestagswahl vor einem Jahr und auch noch ein paar Monate später waren die Grabenkämpfe innerhalb der Partei, vor allem der Dauerzwist zwischen Söder und Seehofer noch eines der Hauptprobleme der CSU. Dass die Partei mittlerweile in Umfragen schon auf historische 35 Prozent gerutscht ist, ist jedoch anderen Faktoren geschuldet. Jetzt nähert man sich gemeinsam dem Abgrund.

Der größte Fehler – und da spielten Söder und Seehofer tatsächlich schon Hand in Hand – war der gezielte Rechtsschwenk der letzten Monate. Dass die CSU sich auf das Wählerspektrum am rechten Rand oder jenseits dessen konzentrierte, führte zu einer Entfremdung bei vielen Wählern in der liberalen Mitte.

Sie sahen sich nach neuen Optionen um – und fanden reichlich. Grüne, Freie Wähler, SPD und FDP buhlten alle um das wertkonservative Klientel, an dem die CSU nicht mehr interessiert zu sein schien. Somit war für jeden etwas dabei, und umgekehrt konnten zumindest Grüne, Freie Wähler und FDP auch den einen oder anderen neuen Sympathisanten aus dem Dunstkreis der CSU gewinnen. Nur die SPD schien leer auszugehen.

Dass just CSU und SPD in allen Umfragen als die großen Verlierer dastehen, hängt natürlich auch damit zusammen, dass sie in Berlin gemeinsam regieren oder es zumindest versuchen. Ihre miesen Umfragewerte sind auch Urteile über das Erscheinungsbild der Großen Koalition.

Und dass an deren miserablem Erscheinungsbild Horst Seehofer entscheidende Mitverantwortung trägt, ist offenkundig: Das erbärmliche Schauspiel um den Masterplan, die Rücktrittsdrohung, das ewige Gezanke mit der Kanzlerin und jetzt der unsouveräne Umgang mit der Causa Maaßen – dass Seehofer mittlerweile zu den unbeliebtesten Bundespolitikern zählt, kommt nicht von ungefähr.

Zurücklehnen können sich Grüne und Co trotz ihres aktuellen Höhenflugs noch nicht. Die letzten Bundestagswahlen haben gezeigt, wie wenig aussagekräftig ein Stimmungsbild vier Wochen vor der Wahl mitunter sein kann. Dass dem neuen CSU-Tandem Seehofer/Söder eine Betriebsdauer weit über den 14. Oktober hinaus beschieden ist, scheint jedoch wenig wahrscheinlich.

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Jahrgang 1971. Seit 2015 Bayernkorrespondent der taz. Davor unter anderem zehn Jahre Redakteur und Ressortleiter bei "Spiegel Online", seit 2009 frei. Mitglied des Journalistennetzwerks beschreiber.de.

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