Kommentar Castor-Transport nach Lubmin: Karneval mit kühlem Kopf

Der Mut der Castor-Gegner ist bewundernswert. Trotzdem täte es ihnen gut, wenn sie einsehen würden, dass sie den Transport nicht verhindern werden.

Es ist ein bisschen wie am Rosenmontag in Köln: Der Zug kommt! Und der Tanz geht los. Nur, dass auf den Gleisen zwischen Karlsruhe und Lubmin kein Karneval gefeiert wird. Vielmehr werden sich dort viele Atomgegner frierend dem Zug, der Deutschlands verfehlte Energiepolitik repräsentiert, in den Weg stellen.

Wer die Mitmach-Demokratie fordert, sollte sich ein Beispiel nehmen an Mut und Wut der BürgerInnen, die sich eher von ruppigen Polizisten rumschubsen lassen als zu Hause vor der Glotze zu sitzen. Und trotzdem täte den Transportgegnern die Einsicht ganz gut, dass es hier um symbolische Politik geht - und nicht um die tatsächliche Verhinderung eines Transports.

Denn der Castor wird sein Ziel erreichen, wie es noch alle Castoren getan haben. Und das ist auch gut so. Denn es macht mehr Sinn, unsere nuklearen Abfälle zentral zwischenzulagern und ein möglichst sicheres Endlager zu suchen. Und auch wenn sich die Lubminer über den Atomdreck aus dem Westen aufregen: Lubmin ist nicht Gorleben, wo eine umstrittene Standortentscheidung mit Gewalt durchgesetzt werden soll.

Trotz dieser Logik des Atomstaats haben die AKW-Gegner gute Argumente zu protestieren und zu blockieren - so, wie die Polizei gehalten ist, den Castor sicher ans Ziel zu bringen. Auf dem Weg dahin sollte die Anti-Atom-Bewegung ihren Widerspruch laut, deutlich und friedlich zeigen. Sie tut unserem Land einen großen Gefallen, wenn sie die Debatte über die Zukunft der Energie nicht den Kungelrunden im Kanzleramt überlässt.

Aber diese Entscheidungen fallen nicht am Bahndamm von Lubmin, sondern nach langem zähen Kampf in der Politik. Kein Castor ist es wert, dafür seinen Kopf zu riskieren. Denn diese Köpfe werden noch gebraucht.

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Jahrgang 1965. Seine Schwerpunkte sind die Themen Klima, Energie und Umweltpolitik. Wenn die Zeit es erlaubt, beschäftigt er sich noch mit Kirche, Kindern und Konsum. Für die taz arbeitet er seit 1993, zwischendurch und frei u.a. auch für DIE ZEIT, WOZ, GEO, New Scientist. Autor einiger Bücher, Zum Beispiel „Tatort Klimawandel“ (oekom Verlag) und „Stromwende“(Westend-Verlag, mit Peter Unfried und Hannes Koch).

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