Kommentar Castor-Transport: Erfrischend! Und wie weiter?

Man freut sich, dass der Zug mit dem Strahlenmüll deutlich länger als sonst aufgehalten wurde. Nun muss das Ganze einen politisch wirksamen Schub bekommen.

Die Proteste gegen die Atomtransporte ins Wendland waren erfolgreich, so viel ist jetzt schon klar. Kreativ, zahlreich, über die ganze Republik verstreut - so etwa sieht eine Bewegung in den Albträumen der Transportplaner aus. Man freut sich über nette Details am Rande der Blockadeaktionen und dass der Zug mit dem Strahlenmüll deutlich länger als sonst aufgehalten wurde. Und dabei wird nicht überschwänglich der Sieg über die Atomlobby und die Polizei gefeiert, sondern kühl und lächelnd die nächste vorgeplante Aktion in die Wege geleitet.

Doch, bei allem Respekt: Wie geht es jetzt weiter? Wie kann das Ganze einen politisch wirksamen Schub bekommen?

Es gab im vergangenen Jahr ein ähnlich bewegendes Ereignis, den G-8-Gipfel von Heiligendamm. Damals, im Juni, pilgerten noch viel mehr Protestierer an die Ostsee als jetzt ins Wendland und stahlen dort den Mächtigen dieser Welt erfolgreich die Show.

Doch als in den vergangenen Monaten die Finanzkrise losbrach, hatten die Kritiker über ein Jahr nach Heiligendamm noch immer keine Aktionen vorbereitet und keine Verbindung zwischen Parteien und außerparlamentarischen Experten aufgebaut. Die Bundesregierung konnte schalten und walten, wie sie wollte. Jetzt versucht sie, die Krise mit ein paar kosmetischen Korrekturen und viel Steuergeldern über die Bühne zu bringen.

Im kommenden Jahr steht in Deutschland eine Serie von 15 Wahlen an, darunter 5 Landtags-, eine Europa- und eine Bundestagswahl. Diese Wahlen sind spannend, weil die Linkspartei das etablierte System durcheinanderwirbelt. In so einem Umfeld kann es der Anti-Atomkraft-Bewegung mit ihren konkreten Themen wie Atommüll oder AKW-Pannen gelingen, zu einem entscheidenden Faktor zu werden. Sie darf sich nur nicht zu sehr in Richtungsdiskussionen verzetteln - und dabei konkrete Aktionen und Ziele vergessen.

Betrachtet man die diesjährigen Castor-Tage, so ist das nicht zu erwarten. Und zum Glück stellen sich die Dinge hier ja auch etwas einfacher dar als in Sachen Finanzmärkte und Globalisierung.

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Reiner Metzger, geboren 1964, leitet taz am Wochenende zusammen mit Felix Zimmermann. In den Bereichen Politik, Gesellschaft und Sachkunde werden die Themen der vergangenen Woche analysiert und die Themen der kommenden Woche für die Leser idealerweise so vorbereitet, dass sie schon mal wissen, was an Wichtigem auf sie zukommt. Oder einfach Liebens-, Hassens- und Bedenkenswertes gedruckt. Von 2004 bis 2014 war er in der taz-Chefredaktion.

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