Kommentar Cyber-Angriffe auf Regierung: Die Hacker, die sie riefen

Hacker sind ins deutsche Regierungsnetz eingedrungen. Das ist ein riesiges Problem – und Sinnbild für den digitalen Standort Deutschland.

Ein Kapuzenträger hält ein Laptop in der Hand, er steht in seinem Serverraum

Persönlich sind die Hacker wohl nicht vor Ort, aber sie zapfen jede Menge Daten ab Foto: imago/phototek

Im Prinzip ist es ja auch ein Akt der Völkerverständigung, ein Wissenstransfer: Da klemmen also diese Spione im deutschen Regierungsnetz und leiten beständig Informationen aus – und was tun die zuständigen Behörden? Sie lassen sie walten, sie wollen von ihnen lernen.

Das jedenfalls ist eines der Erklärungsmuster, die in Berlin seitens des Bundesinnenministeriums nun bemüht werden, seit bekannt geworden ist, dass offenbar seit Monaten Informationen aus dem besonders gesicherten Intranet von Bundesregierung und Bundestag, Außenministerium und Verteidigungsministerium gezielt angezapft werden.

Geht es nach dem Bundesinnenministerium, das für die Gefahrenabwehr zuständig ist, so sind die Angreifer „jederzeit voll kontrolliert von den Sicherheitsbehörden beobachtet worden“. Mehr noch, sagt ein Staatssekretär: „Das war eine äußerst erfolgreiche Operation.“ Wie beruhigend: Deutschland ist demnach also gar nicht Opfer, Deutschland ist Nutznießer dieses Angriffs.

Nun ist es allerdings so, dass der Vorsitzende des Parlamentarischen Kontrollgremiums, Armin Schuster (CDU), noch immer von einem „veritablen Cyberangriff auf Teile des Regierungsnetzes“ spricht. Die Bundesregierung versuche, den noch laufenden Angriff unter Kontrolle zu halten.

Übersetzt heißt das: Sie weiß nicht, ob sie das schafft. Der Spionageangriff läuft noch immer. Das ist dann vielleicht doch eher ein Spionagethriller als ein Höflichkeitsbesuch. Denn bislang weiß niemand, wie lange die Angreifer bereits tätig sind und was sie alles ausgeleitet haben.

Nicht über löchrige Netze wundern

Für die deutsche Bundesregierung ist dies nun ein beträchtliches Problem. Kontrolle hieße: Spätestens jetzt, wo der Angriff bekannt ist, auch die Möglichkeit zu haben, ihn zu beenden. Nach dem gezielten und erfolgreichen Spionageangriff auf den Deutschen Bundestag im Jahr 2015 steht das Regierungsnetzwerk damit erneut unter Attacke. Dies verklären zu wollen steht sinnbildlich auch für das generelle Problem, das der digitale Standort Deutschland hat.

Einerseits will die Bundesregierung zum digitalen Antriebsmotor werden, andererseits fehlt es an einer kohärenten Strategie dafür, die über den Ausbau der Glasfasernetze in Deutschland hinausgeht. Besonders deutlich wird dies am Beispiel ihrer eigenen digitalen Sicherheitspolitik. Statt konsequent Sicherheitslücken zu stopfen und für starke Infrastrukturen zu sorgen, will die Regierung künftig selbst verstärkt Sicherheitslücken aufkaufen, um besser spionieren zu können. Wer sich daran beteiligt, muss sich nicht über löchrige Netze wundern.

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