Kommentar Der Westen und Libyen: Besser machen als in Bagdad

In Libyen muss der Westen die Fehler aus den Kriegen im Irak und in Afghanistan vermeiden. Es gilt, Gaddafis Anhänger ins Machtgefüge zu integrieren.

Spätestens mit der Einnahme von Bab al-Asisija, seiner Machtzentrale in Tripolis, ist in ganz Libyen die Zeit nach Gaddafi angebrochen. Das ist eine gute Nachricht - und es ist auch ein Erfolg für die Nato, ohne deren Unterstützung der rasche Vorstoß der Rebellen auf die Hauptstadt wohl kaum möglich gewesen wäre. Nun trägt der Westen eine enorme Mitverantwortung, auf ein baldiges Ende der Kämpfe zu dringen und für einen möglichst geordneten Übergang zu einer neuen Ordnung zu sorgen.

Ehrlicherweise muss man zugeben, dass der Schutz der Zivilbevölkerung nicht das vordringliche Ziel der Intervention war. Es ging um einen Regimewechsel und den Sturz eines verhassten Diktators, der weltweit nur noch wenig Freunde hatte. Wie viele zivile Opfer dieser Bürgerkrieg gekostet hat - und wie viele davon auf das Konto der Nato-Bombardements oder der Rebellen gehen -, werden wir wohl nie genau erfahren. Allein der Kampf um Tripolis aber hat bis Mittwoch über 400 Todesopfer gekostet.

In Libyen muss der Westen nun versuchen, die Fehler aus den Kriegen im Irak und Afghanistan zu vermeiden. Es war erstaunlich genug, dass es Frankreich, Großbritannien und die USA nach diesen ernüchternden Erfahrungen überhaupt gewagt haben, ein weiteres ungeliebtes Regime stürzen zu wollen. Sie waren klug genug, diesmal auf den Einsatz von Bodentruppen zu verzichten, was eine Eskalation bedeutet hätte, sondern beschränkten sich darauf, die Rebellen politisch, logistisch sowie mit Kampffliegern aus der Luft zu unterstützen. Am Ende hat das ausgereicht.

Nun gilt es, die verbliebenen Gaddafi-Anhänger zur endgültigen Aufgabe zu bewegen. Dazu muss man ihnen in Aussicht stellen, sie so weit es geht in ein künftiges Machtgefüge zu integrieren - und verhindern, dass es zu Racheexzessen kommt. Der Irak und Afghanistan haben drastisch vor Augen geführt, was passiert, wenn ein solcher Ausgleich nicht gelingt: Das Blutvergießen dort hält bis heute an.

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Daniel Bax ist Redakteur im Parlamentsbüro der taz. Er schreibt über Innen- und Außenpolitik in Deutschland, über die Linkspartei und das neue "Bündnis Sahra Wagenknecht" (BSW). 2015 erschien sein Buch “Angst ums Abendland” über antimuslimischen Rassismus. 2018 veröffentlichte er das Buch “Die Volksverführer. Warum Rechtspopulisten so erfolgreich sind.”

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