Kommentar EU-Austritt Großbritanniens: Alles neu macht die May

Der Chaostag in London war ein guter Tag für Premierministerin Theresa May. Sie hat die Revolte gegen sie und ihren Brexit-Kurs abgewendet.

Die britische Premierministerin Theresa May spricht in der Westminster Abbey

Geht eher gestärkt aus dem Personalkarussell heraus: die britische Premierministerin Theresa May Foto: reuters

Brexit-Minister zurückgetreten. Außenminister zurückgetreten. Schlechte Umfragewerte. Vernehmliches Grummeln in den eigenen Reihen. Für Theresa May läuft scheinbar alles aus dem Ruder. Bis sie selbst stürzt, scheint nur eine Frage der Zeit. Oder?

Im Rückblick auf den bemerkenswerten Londoner 9. Juli 2018 sieht es eher so aus, als sei die britische Premierministerin aus dem ganzen Durcheinander gestärkt hervorgegangen. Sie hat zwei Nörgler weniger im Kabinett und sie hat zwei Schlüsselposten mehr mit Loyalisten besetzt. Sie hat eine breite Revolte in der eigenen Partei abgewendet. Ihr Brexit-Plan vom vergangenen Freitag, der David Davis und Boris Johnson zum Rücktritt bewog, steht – und es gibt keinen anderen. Für Theresa May war dieser Chaostag ein guter Tag.

Das Geschehen als „reibungslos“ zu bezeichnen, wie es die Premierministerin im Parlament tat, ist vielleicht etwas zu lakonisch, aber Mays unmittelbare Zukunft ist nach der Kabinettseinigung auf einen Brexit-Plan und nach den beiden Rücktritten gesicherter als noch vor einer Woche. Wenn jemand den Laden im Griff hat, dann sie.

Ihre parteiinternen Kritiker haben keine glaubwürdigen Galionsfiguren – Boris Johnson und Nigel Farage sind Schnee von gestern. Auch Labor-Chef Jeremy Corbyn ist nach wie vor kein Oppositionsführer, vor dem sich May fürchten muss. Wenn nicht bis zur parlamentarischen Sommerpause in zwei Wochen noch ein paar völlig unvorhergesehene Dinge passieren, die alles aus dem Ruder laufen lassen, ist die ganze Aufregung vorbei.

Vielleicht wird ja bis dahin England sogar Weltmeister. Das interessiert die britische Öffentlichkeit jedenfalls viel mehr als die derzeitigen politischen Turbulenzen. Im Fußball kann man ja schon mal ein paar EU-Mitglieder schlagen.

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