Kommentar EU-Friedensnobelpreis: Die entwertete Auszeichnung

Der EU wird der Friedensnobelpreis verliehen. Eine Bestätigung für die wachsende Absurdität der Preisvergabe.

Friedensnobelpreis für die EU? Bild: dpa

Schon oft hat das Nobelkomitee in Oslo den Friedensnobelpreis entwertet. Man kann sicher nicht immer richtig liegen – aber in den letzten Jahren haben sich die absurden oder arg plump motivierten Preisvergaben gehäuft. Die Preise für Jimmy Carter 2002, die Internationale Atomenergieorganisation 2005, Al Gore 2007 und als Höhepunkt auch noch Barack Obama 2009 waren allesamt vor allem Statements gegen die US-Regierung von George W. Bush.

Das konnte man politisch mögen, mit nachhaltiger Friedensförderung hatte das allerdings wenig zu tun. Die diesjährige Verleihung an die Europäische Union macht da keine Ausnahme. Man ehrt eine Organisation dafür, dass sich ihre Mitglieder nicht mehr untereinander bekriegen, wie sie das jahrhundertelang getan haben – vor Generationen.

So gesehen könnte man dann aber auch noch Deutschland den Literaturnobelpreis verleihen – für Goethe. Die heutige EU steht doch leider für etwas anderes. Diese EU, beziehungsweise ihre Einzelstaaten, treten eher als Waffenexporteure in Erscheinung denn als Friedensstifter. Nahost, Libyen, Syrien, Kongo, Afghanistan – wo sind sie denn, die großen Friedensinitiativen einer diplomatisch starken Europäischen Union? Die zivile Krisenpräventionsalternative zur US-amerikanischen Großmachtpolitik, wie sich manche Europäer so gern sehen würden?

Das Friedensnobelpreis, so heißt es dann, soll ja auch ein Ansporn sein. So wie damals mit dem Preis für Jassir Arafat und Jitzhak Rabin. Wie gut das funktioniert hat, sehen wir bis heute in Gaza, dem Westjordanland und Israel. Oder wie 2009 bei der Verleihung an Barack Obama, der seither den Drohnenkrieg eskaliert hat. Es klappt nicht.

Glaubwürdig ist das Komitee immer dann, wenn es Menschen oder Organisationen auszeichnet, die genauso auch den „Alternativen Nobelpreis“ bekommen könnten. Menschen aus der Zivilgesellschaft also, die sich, meist schon seit vielen Jahren, für Frieden, Menschenrechte und Konfliktlösungen einsetzen. Wenn das aber so ist, braucht es den Friedensnobelpreis dann eigentlich noch? Ja.

Er kann Menschen schützen und Ideen verbreiten helfen. Aber dann müsste das Komitee dieser Idee dauerhafter gerecht werden und diese Aussetzer bleiben lassen, die sich durch die Geschichte des Preises ziehen – von Henry Kissinger 1973 bis zur EU 2012.

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Jahrgang 1965, seit 1994 in der taz-Auslandsredaktion. Spezialgebiete USA, Lateinamerika, Menschenrechte. 2000 bis 2012 Mitglied im Vorstand der taz-Genossenschaft, seit Juli 2023 im Moderationsteam des taz-Podcasts Bundestalk. In seiner Freizeit aktiv bei www.geschichte-hat-zukunft.org

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