Kommentar EU-Ultimatum für Maduro: Ein sehr fader Beigeschmack

EU-Länder machen Druck auf Maduro. Im Prinzip ist die Kontrolle demokratischer Spielregeln richtig. Im Fall Venezuela ist es aber nicht so einfach.

Untertstützer der venezuelanischen Opposition auf einer Demo

Untertstützer der venezolanischen Opposition auf einer Demo am Sonntag in Caracas Foto: ap

Fünf europäische Staaten, darunter Deutschland, haben dem amtierenden Präsidenten Venezue­las, Nicolás Maduro, ein Ultimatum gestellt: Entweder er rufe binnen acht Tagen Neuwahlen aus oder man werde Juan Guaidó – den Parlamentspräsidenten und seit letzter Woche selbst ernannten Staatschef – als Präsidenten anerkennen.

Verfassungsrechtlich ist dieser Schritt nicht zu begründen: Guaidó beruft sich auf Artikel 233 der venezolanischen Verfassung, nach dem der Parlamentspräsident übergangsweise die Regierungsgeschäfte übernimmt und binnen 30 Tagen Neuwahlen ausruft. Und zwar nur dann, wenn an der Staatsspitze ein Machtvakuum entstanden ist, etwa durch Ableben des Präsidenten.

Von einem solchen Machtvakuum kann nicht die Rede sein: Maduro hat ja nicht zu wenig, sondern zu viel Macht. Die aber, so die berechtigte Lesart der Opposition und zumindest großer Teile des Auslands, hat er zu Unrecht, weil die Wahlen vom Mai vergangenen Jahres weder frei noch fair waren.

Im Prinzip ist es nicht falsch, wenn im internationalen diplomatischen Miteinander auf die Einhaltung demokratischer Spielregeln geachtet würde. Aber man macht sich gewiss nicht des billigen Whataboutism schuldig, wenn man feststellt, dass dieses Kriterium bei internationalen Allianzen in der Regel nun wirklich keine Rolle spielt.

Im Fall Venezuelas geht es insofern nicht grundsätzlich um Demokratie. Guaidó hat laut AP dieses Manöver seit Monaten vorbereitet – unter anderem in Geheimgesprächen mit den USA und den rechten Regierungen Kolumbiens und Brasiliens. Sein Vorgehen hat einen sehr faden Beigeschmack, was aber dennoch nicht zwangsläufig bedeutet, dass die Einmischung von außen falsch ist.

Denn wenn es durch solcherart di­plomatischen Druck tatsächlich gelänge, auf friedliche Weise einen sonst vom Maduro-Regime ausgeschlossenen Politikwechsel durch freie Wahlen einzuleiten, wäre dem ruinierten Land sehr gedient.

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Jahrgang 1965, seit 1994 in der taz-Auslandsredaktion. Spezialgebiete USA, Lateinamerika, Menschenrechte. 2000 bis 2012 Mitglied im Vorstand der taz-Genossenschaft, seit Juli 2023 im Moderationsteam des taz-Podcasts Bundestalk. In seiner Freizeit aktiv bei www.geschichte-hat-zukunft.org

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