Kommentar Edathy-Affäre: Einfach mal die Klappe halten

Sebastian Edathy schweigt. Auf Facebook hingegen schärft er sein Profil als Opfer der Justiz. Reflektiertheit hingegen lässt er vermissen.

Schreibt Sebastian Edathy gerade wieder einen Facebook-Eintrag? Bild: dpa

Kaum war er da, schon ist er wieder weg, der amüsierte Facebook-Beitrag von Sebastian Edathy. Er habe, hatte der Exbundestagsabgeordnete am Sonntagnachmittag gepostet, zwei Angebote erhalten, seine Geschichte in Buchform zu veröffentlichen. Dahinter ein rundes gelbes Freude-Smiley. Man sah das und dachte: Wie dreist!

Am Montag ist der Eintrag gelöscht. Alles ist wieder so wie vorher auf Edathys Facebook-Seite. Sein Profilbild zeigt ihn als Anzugmann in Denkerpose. Als Arbeitsplatz gibt er an: „Bundesrepublik Deutschland, MdB, Wahlkreis Nienburg-Schaumburg, September 1998 bis heute“.

Jeder weiß, dass das nicht mehr stimmt. Jeder weiß, dass Edathy untergetaucht ist, seit am 10. Februar die Staatsanwaltschaft Hannover seine Wohnräume und Büros durchsuchen ließ. Seit öffentlich wurde, dass er Fotos gekauft hat, auf denen Kinder in Unterwäsche zu sehen sind. Jeder weiß, dass das keine harmlosen Bilder waren. Sondern dass sie gemacht wurden, um ihre Betrachter aufzugeilen.

Verboten ist das nicht. Auch nicht strafrechtlich relevant für Edathy, der selbst eingeräumt hatte, die Bilder gekauft zu haben. Aber auch kein Grund, sich als verfolgte Unschuld zu gerieren oder sich öffentlich über Honorarangebote für ein Buch zu freuen.

Einträge wie der vom Sonntag zeigen: Wo immer Sebastian Edathy sich gerade aufhalten mag – er nutzt Facebook, um sein öffentliches Bild zu kontrollieren. Es ist das Bild eines Mannes, der sich den gegen ihn erhobenen Vorwürfen nicht persönlich stellt, sondern stur die strafrechtliche Irrelevanz seines Handelns betont. Alles andere, das zeigen seine Einträge, hat für ihn keine Bedeutung.

Zu ethischen Fragen schweigt er ostentativ

Mal präsentiert er fünf Zeilen eines Zeit-Textes, dessen Autor ihn in Schutz nimmt. Dann wieder postet er einen Beitrag der Berliner Zeitung, in dem sein Parteiausschlussverfahren kritisch beleuchtet wird. Er hantiert in seinen abkanzelnden Posts viel mit Ausrufezeichen, spricht in seinen Erklärungen von „purem Unfug“ und von Strafanzeige, die er erstatten werde.

Wovon nichts zu lesen ist, ist so etwas wie Reflektiertheit. Ist das Erlaubte wirklich stets opportun? Und ist es richtig, Geld zu zahlen an jemanden, der Geschäfte macht mit Bildern von badenden rumänischen Jungs – nur weil es nicht verboten ist? Das sind doch Fragen, die einer wie er sich stellen könnte.

Als Vorsitzender des NSU-Untersuchungsausschusses hat Sebastian Edathy gerade durch seine moralisch unterfütterten Fragen den Opfern des rechten Terrortrios ein Stück Würde zurückzugeben versucht. Jetzt muss man ertragen, dass eben dieser Edathy sich gern zu strafrechtlichen Zusammenhängen oberlehrerhaft äußert, aber zu ethischen Fragen ostentativ schweigt.

Es ist sehr wahrscheinlich, dass ein demnächst zu bildender Bundestagsuntersuchungsausschuss den einstigen SPD-Abgeordneten Sebastian Edathy vorlädt. Schwierig, sich vorzustellen, dass er dort mit dieser Opferhaltung auftreten könnte.

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1965, ist taz-Parlamentsredakteurin. Sie berichtet vor allem über die Unionsparteien und die Bundeskanzlerin.

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