Kommentar Entführter Dirigent: Eine traurige Figur

Bremerhavens Theater reagiert auf den entsetzlichen Fall unbeholfen und mit einer Feinfühligkeit, die man von einer Wurstfabrik oder Blechstanzerei kaum erwartet hätte.

Mehr als hilflose Gesten kann es im Fall des entführten Rodolfo Cázares, Korrepetitor am Bremerhavener Stadttheater, kaum geben. Aber auch bei hilflosen Gesten kann man eine traurige Figur machen. Das beweist Ulrich Mokrusch.

Anders als die geschockte Öffentlichkeit weiß der Intendant natürlich seit Sommer vom Verbleib seines Angestellten. Aber wie er darauf reagieren kann - will ihm nicht einfallen. Bei Radio Bremen redet er wirr davon, dass der deutsche Bühnenverein ja Cázares nicht helfen könne, weil der kein Deutscher ist. Das ist Stuss. Mokrusch selbst nennts später ein "Missverständnis". Beim Gang in die Öffenlichkeit unterstützt man dann die Ehefrau des Opfers - aber nur, indem man ihr die Rufnummern interessierter Redaktionen nennt. Dann, endlich, fällt ein, dass man ja auch über eine Bühne für eine Pressekonferenz verfügt, mit der man die Frau entlasten kann. Man stellt ihr den Raum. Selbst zu verkünden - hat man nichts: Soli-Konzerte? Sind nicht geplant, heißts.

Bremerhavens Theater ist wohl das einzige Deutschlands, an dem niemandem einfällt, auf die verzweifelte Lage eines Angestellten und seiner Angehörigen auch mit künstlerischen Mitteln zu reagieren. Weniger Anteilnahme wäre auch in einer Blechstanzerei oder einer Wurstfabrik nicht denkbar.

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Jahrgang 1972. Seit 2002 bei taz.nord in Bremen als Fachkraft für Agrar, Oper und Abseitiges tätig. Alexander-Rhomberg-Preis 2002.

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