Kommentar Erdoğan zu Khashoggi: Saudischer Kronprinz im Visier

Der türkische Präsident legt sich im Mordfall Khashoggi fest: Er will den saudischen Kronprinzen stürzen. Dazu braucht er die Hilfe Donald Trumps.

Ein Blumenstrauß und ein Foto des Etrmordeten

Gedenken an den getöteten Schriftsteller Khashoggi vor dem saudi-arabischen Konsulat in Istanbul Foto: dpa

Erdoğan hat sich festgelegt, es wird keinen Deal mit Saudi-Arabien ­geben. Mit seiner gestrigen Rede vor der Parlamentsfraktion der AKP hat Erdoğan allen Spekulationen ein Ende gesetzt, die Türkei könne im Tausch ­gegen hohe Investitionen und politische Zugeständnisse die saudische Version des „Unfalltods“ des Journalisten Jamal Khashoggi unterstützen. Stattdessen war seine Rede eine Kampfansage an den regierenden saudischen Kronprinzen Mohammed bin Salman.

Mit dem Wunsch nach Aufklärung und Gerechtigkeit, dem Schutz von Journalisten gar hat das nur am Rande zu tun. Ganz offensichtlich versuchte Erdoğan mit seiner Rede einen Keil zwischen den saudischen König Salman und dessen Sohn, Kronprinz Mohammed bin Salman, zu treiben. Während Erdoğan den saudischen König als glaubwürdig bezeichnete, forderte er gleichzeitig die Offenlegung des Befehlsgebers für den politischen Mord an Jamal Khashoggi, der nach Lage der Dinge nur Kronprinz Mohammed bin Salman sein kann. Statt auf Gelder für die kriselnde türkische Wirtschaft setzt Erdoğan lieber auf einen Sturz des Kronprinzen, dessen aggressive Außenpolitik ihn zum direkten Gegen­spieler des türkischen Präsidenten gemacht hat.

Für einen Sturz des saudischen Kronprinzen braucht Erdoğan aber die Unterstützung von US-Präsident Donald Trump. Nicht zufällig setzt er deshalb nach langer Eiszeit wieder auf eine engere Kooperation mit den USA. Der US-Geheimdienst CIA wird unterrichtet und in die Ermittlungen einbezogen, weil Trump am Ende überzeugt sein muss, dass seine Politik im Nahen Osten mit einem angeschlagenen Mohammed bin Salman nicht mehr realisierbar ist.

Erdoğan will die Affäre Khashoggi nutzen, um seine eigene internationale Reputation wieder etwas aufzubessern, um sein Verhältnis zu Trump zu normalisieren und um sich eines Konkurrenten im Nahen Osten zu entledigen. Sollte das gelingen, dann wird der Gewinn höher sein, als es einige Milliarden an saudischen Investitionen gewesen wären.

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