Kommentar Ermittlungen gegen IWF-Chefin: Warnung an Sarkozy

Für die Regierung kommt die Ermittlung gegen Lagarde ungelegen. Zu lange fühlte sich die Politik über die Justiz erhaben.

Mit ihrem Entscheid, wegen des Verdachts auf Begünstigung des Finanzmanns Bernard Tapie gegen Frankreichs ehemalige Wirtschafts- und Finanzministerin Christine Lagarde zu ermitteln, hat sich der französische Cour de justice de la République über die politische Opportunität hinweggesetzt. Denn das Verfahren gegen die neue Chefin des Internationalen Währungsfonds, die ihrem Landsmann Strauss-Kahn nach dessen Rücktritt im Amt folgte, kommt Frankreichs Regierung sehr ungelegen.

Präsident Nicolas Sarkozy nimmt es mit der demokratischen Gewaltentrennung ohnehin nicht so genau und mischt sich ungeniert immer wieder in die Angelegenheiten der Justiz ein. Gerade in Richterkreisen wird der Beschluss dieses Sondergerichts, das für Vergehen von amtierenden Regierungsmitgliedern zuständig ist, deshalb mit sichtlicher Genugtuung zur Kenntnis genommen.

Noch ist Lagarde, der nun ein Prozess droht, nicht verurteilt. Doch ihre leichtfertig bis arrogante Verteidigung hat nun ihre verdiente Absage erhalten. Zu lange fühlten sich Frankreichs regierende Politiker (von links bis rechts) über eine Strafverfolgung erhaben. Das gilt insbesondere für die Ära von Präsident Jacques Chirac, der seine strafrechtliche Immunität schamlos ausnutzte, bis die ihm angelasteten Finanzdelikte verjährt waren. Die Eröffnung des Verfahrens gegen Lagarde ist eine Ermahnung an diese "classe politique".

RUDOLF BALMER ist Frankreich-Korrespondent der taz.

Wenn es ums Geld geht, pflegen die Franzosen gegenüber ihren politischen Amtsträgern weit weniger Nachsicht zu üben als hinsichtlich deren Intim- und Privatleben. Das hat Christine Lagarde - die lange in den USA lebte, wo es sich gerade umgekehrt verhält - bestimmt unterschätzt. Zwar hat sie sich wohl kaum aus eigenen Stücken zugunsten von Tapie eingeschaltet, sondern auf Weisung von oben. Doch kann sie nicht damit rechnen, dass Sarkozy sich nun schützend vor sie stellt oder gar die Verantwortung übernimmt.

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Frankreich-Korrespondent der taz seit 2009, schreibt aus Paris über Politik, Wirtschaft, Umweltfragen und Gesellschaft. Gelegentlich auch für „Die Presse“ (Wien) und die „Neue Zürcher Zeitung“.

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