Kommentar Ernst-Busch-Schauspielschule: Es muss erst richtig peinlich werden

Damit sich Berlins Haushaltspolitiker zu den kulturellen Schätzen vor ihrer Tür bekennen, muss die Schande erst bundesweit ausgeleuchtet werden.

Eine Kuh ist vom Eis, wenigstens von den dünnsten Stellen. Am Mittwoch waren die Studenten der Berliner Schauspielschule Ernst Busch als protestierendes Kollektiv bei Thomas Gottschalk aufgetreten, weil das Berliner Abgeordnetenhaus den Neubau ihrer Schule kippen wollte; am Donnerstag einigten sich die Regierungskoalition und die Hochschulleitung doch noch auf einen Kompromiss.

33 Millionen Euro bleiben in dem Haushalt für die Baumaßnahme der Schule. Dieser ist es nun freigestellt, damit den Neubau in abgespeckter Form zu realisieren, was sie angeboten hatte, oder die vier bisherigen Standorte zu sanieren. Treibende Kraft, das Projekt wegen 2 Millionen Euro Überziehung der jetzt wieder geplanten Bausumme zu stoppen, war Torsten Schneider, ein Haushaltspolitiker der SPD, gewesen. Er bleibt jetzt wohl der Sündenbock für die Affäre und nicht etwa Klaus Wowereit, Bürgermeister und Kultursenator in einer Person.

Es muss anscheinend erst richtig peinlich werden, damit etwas geschieht. Die Schauspielschule wusste in kurzer Zeit eine breite Öffentlichkeit für sich zu mobilisieren, erst unter den Berliner Theatern, schließlich an den landesweiten Sendefenstern von Günther Jauch und Thomas Gottschalk.

ist Theaterredakteurin im Kulturressort der taz.

Ähnlich war eine Woche zuvor dank des Protests von prominenten Schauspielern auch die drohende Pleite des Berliner Grips Theaters abgewendet worden. Die Welle der Solidarität, die das Grips erfuhr, nachdem Volker Ludwig, Gründer und Nochgeschäftsführer, an die Öffentlichkeit gegangen war, will das Haus nun in einen Förderverein kanalisieren.

Beide Geschichten erzählen davon, dass Berlins Schande wohl erst hell im Licht bundesweiter Scheinwerfer aufleuchten muss, damit sich selbst die Haushaltspolitiker zu den kulturellen Schätzen vor ihrer Tür bekennen. An peinlichen Anlässen hat die Stadt gerade keinen Mangel. Die Häme, mit der die aktuelle Flughafenpanne medial bedacht wird, gab schon Grund zur Sorge, Ernst Busch würde damit aus dem Fokus rücken.

Beide Geschichten erzählen aber auch davon, dass Bündnisse etwas reißen können. Von der neu gebauten Schule werden die jetzt an der Ernst-Busch-Schule Studierenden wohl kaum etwas haben; von ihrer Erfahrung, für deren Zukunft einzutreten, aber sehr wohl.

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Geboren 1957 in Köln. Seit Mitte der 80er Jahre Autorin für die taz (über bildende Kunst, Tanz, Theater, Film), seit 2003 Redakteurin.

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