Kommentar Erziehungscamps: Die Entdeckung der Erlebnispädagogik

Wärme, Liebe und Geborgenheit für jugendliche Straftäter? Die CDU formuliert das bloß anders. Doch die Idee der Erziehungscamps für jugendliche Intensivtäter ist nicht neu.

Mehr Wärme, Liebe und Geborgenheit für jugendliche Straftäter: Mit dieser Forderung geht die CDU in die anstehenden Wahlkämpfe. Nicht gemerkt? Natürlich formuliert die CDU das nicht ganz so plakativ - allein schon wegen ihres Images und den Wählern. Faktisch geht es bei der Forderung nach "Erziehungslagern" für jugendliche Intensivtäter aber um ein Konzept, dass den Rabauken neben Ordnung, Disziplin und Sport vor allem Zuwendung zukommen lassen will.

Man muss es den Unionspolitikern jedenfalls anrechnen, dass sie sich sofort von Bootcamps der USA distanziert haben. Dort soll vor allem der Wille der Delinquenten gebrochen werden, und dort kommt es immer wieder zu Gewaltexzessen und Todesfällen. Solche Ideen wären zwar beim einen oder anderen CDU-Wähler sicher auch gut angekommen. Doch CDU-Fraktionschef Volker Kauder und seine Mitstreiter verweisen lieber auf das Trainingscamp von Exboxer Lothar Kannenberg. Und der vertritt ganz offen, dass er seinen Jungs auch viel "Wärme, Liebe und Geborgenheit" vermitteln will - weil ihnen das in ihrer bisherigen Vita meist gefehlt hat und sie auch deshalb zu unsicheren, gewalttätigen Typen wurden.

Bei Leuten wie Lothar Kannenberg gibt es natürlich auch Überlebenstraining: Damit sollen Teamgeist und Rücksicht auf Schwächere eingeübt werden; diese Herausforderungen zu meistern soll das Selbstbewusstsein der Jungs stärken. Was aber ist das anderes als Erlebnispädagogik?

Früher spotteten CDUler, wenn junge Straftäter mit Sozialarbeitern in die Arktis oder nach Afrika geschickt wurden, um sie einem intensiven und fordernden Gemeinschaftserlebnis auszusetzen. Junge Kriminelle machen Urlaub auf Kosten der Steuerzahler, hieß es dann. Wenn das Ganze aber in Nordhessen stattfindet und Ministerpräsident Roland Koch ab und zu vorbeischaut, um sich mit schwarzen Boxhandschuhen ablichten zu lassen, dann ist diese Erlebnispädagogik plötzlich der Königsweg, um an schwierigste Intensivtäter heranzukommen. Na denn. Lernerfolge sind immer etwas Schönes. Auch bei der CDU.

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Geboren 1965, Studium in Berlin und Freiburg, promovierter Jurist, Mitglied der Justizpressekonferenz Karlsruhe seit 1996 (zZt Vorstandsmitglied), Veröffentlichung: „Der Schiedsrichterstaat. Die Macht des Bundesverfassungsgerichts“ (2013).

Geboren 1965, Studium in Berlin und Freiburg, promovierter Jurist, Mitglied der Justizpressekonferenz Karlsruhe seit 1996 (zZt Vorstandsmitglied), Veröffentlichung: „Der Schiedsrichterstaat. Die Macht des Bundesverfassungsgerichts“ (2013).

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