Kommentar Eurokrise: Finanzmärkte entmachten!

Die Banken machen hohe Gewinne, indem sie auf billiges Zentralbankgeld Risikoaufschläge für Staatsanleihen verlangen. Das verschärft die Krise.

Erstaunlich: Ein Trick der Europäischen Zentralbank scheint gewirkt zu haben. Kürzlich hat sie die Banken mit Billigkrediten geflutet - und jetzt werden diese Milliarden an bedrängte Euroländer weitergereicht. Am Donnerstag sanken die Zinsen, die Italien bieten musste, um neue Staatsanleihen loszuschlagen.

Die Eurokrise macht also eine kleine Pause, vorbei ist sie nicht. Die Zinsen sind zwar gesunken, aber immer noch zu hoch. Für eine dreijährige Anleihe muss Italien jetzt 5,62 Prozent zahlen. Damit ist klar, dass die Schulden des Landes weiter zunehmen. Denn Zinsen lassen sich nur finanzieren, wenn sie nicht das nominelle Wachstum übersteigen. Doch ein Aufschwung ist nicht in Sicht, stattdessen gleitet Italien in eine Rezession ab.

Hohe Kreditkosten und eine schrumpfende Wirtschaft – das ist der sichere Weg in die Pleite. Wenn Italien gerettet werden soll, dann müssen die Zinsen dramatisch nachgeben. Doch mit komplizierten Umwegen ist dies nicht zu erreichen, wie das jetzige EZB-Experiment zeigt. Es bringt wenig, auf die "Finanzmärkte" – vulgo: Banken – zu vertrauen. Die Billigkredite der Notenbank nehmen sie gern, verlangen dann aber trotzdem hohe Risikoaufschläge von Italien.

Bleibt nur ein Ausweg: Die Finanzmärkte müssen entmachtet werden. So schlicht. Die EZB müsste ein Zinsziel für Italien definieren – zum Beispiel 1,5 Prozent für drei Jahre Kredit. Natürlich wären die Banken nicht begeistert und würden die italienischen Papiere zunächst meiden. Also müsste die EZB sie selbst aufkaufen.

Revolutionär wäre dies nicht, denn es würde nur der Umweg über die Finanzmärkte vermieden. Verlierer wären allein die Banken, die nicht mehr mit billigem Zentralbankgeld hohe Gewinne einfahren könnten.

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Der Kapitalismus fasziniert Ulrike schon seit der Schulzeit, als sie kurz vor dem Abitur in Gemeinschaftskunde mit dem Streit zwischen Angebots- und Nachfragetheorie konfrontiert wurde. Der weitere Weg wirkt nur von außen zufällig: Zunächst machte Ulrike eine Banklehre, absolvierte dann die Henri-Nannen-Schule für Journalismus, um anschließend an der FU Berlin Geschichte und Philosophie zu studieren. Sie war wissenschaftliche Mitarbeiterin der Körber-Stiftung in Hamburg und Pressesprecherin der Hamburger Gleichstellungssenatorin Krista Sager (Grüne). Seit 2000 ist sie bei der taz und schreibt nebenher Bücher. Ihr neuester Bestseller heißt: "Das Ende des Kapitalismus. Warum Wachstum und Klimaschutz nicht vereinbar sind - und wie wir in Zukunft leben werden". Von ihr stammen auch die Bestseller „Hurra, wir dürfen zahlen. Der Selbstbetrug der Mittelschicht“ (Piper 2012), „Der Sieg des Kapitals. Wie der Reichtum in die Welt kam: Die Geschichte von Wachstum, Geld und Krisen“ (Piper 2015), "Kein Kapitalismus ist auch keine Lösung. Die Krise der heutigen Ökonomie - oder was wir von Smith, Marx und Keynes lernen können" (Piper 2018) sowie "Deutschland, ein Wirtschaftsmärchen. Warum es kein Wunder ist, dass wir reich geworden sind" (Piper 2022).

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