Kommentar Facebook-Partys: Auf der Autobahn des Irrsinns

Innenminister der Länder fordern ein Verbot von Facebook-Partys. Als Stimme der Vernunft tritt ihnen einer entgegen, von dem man es am wenigsten erwartet hätte.

Alles Verbrecher? Facebook-Party in Wuppertal. Bild: dpa

Man weiß, dass eine Debatte ihren Höhepunkt überschritten hat, wenn Wolfgang Bosbach die Stimme der Vernunft ist. Von Bosbach stammt immerhin der Satz, niemand könne "das Recht geltend machen, unerkannt durch die Stadt zu gehen".

Nun aber mahnt Bosbach zur Besonnenheit und weist darauf hin, dass man ja schließlich auch Fußballspiele nicht verbiete. Wie kommt es, dass Bosbach so einen durch und durch genauen und vernünftigen Satz sagt? Er wurde auf der Autobahn des Irrsinns überholt.

Drei Landesinnenminister haben das Verbot von Facebook-Partys gefordert. In den vergangenen Wochen sind mehrere Blumenkübel durch außer Kontrolle geratene Partys, die auf Facebook angekündigt worden waren, beschädigt worden.

Um über die Gefahren von Facebook aufzuklären, sei ein Internetführerschein nötig, sagte der niedersächsische Innenminister Uwe Schünemann, den Freunde "Schiebi" nennen.

Der Führerschein könnte in Schulen erworben werden, wo Lehrer an antiken Commodore-Maschinen ab Herbst 2021, wenn der Lehrplan auf die neuen Bedürfnisse abgestimmt worden sein wird, Kindern erklären werden, dass es einmal etwas gab, das Facebook hieß, ein Netzwerk von Menschen mit Digitalkameras.

Bosbach, dessen bisherige politische Glanzleistung die Forderung nach einem Verbot von Paintball war, gefällt sich in seiner Rolle als Elder Statesman der CDU. Ob man Veranstalter von Facebook-Partys grundsätzlich als Störer qualifiziere, sei "eine grundsätzliche rechtliche Weichenstellung".

"Grundweiche Rechtsstellungen"

Vor kurzem war ich auf einer Party, ein Bekannter wies darauf hin, dass er Amerikaner sei. "Wenn ich irgendwo in eine Schlägerei gerate, kommt gleich die CIA mit einem Hubschrauber und holt mich da raus", sagte er. "Aber das kann doch gar nicht sein, woher sollen die das denn wissen?", fragte die Gastgeberin.

So wie diese Gastgeberin verhält sich Bosbach. Jemand steht knietief im Sommerloch und brüllt ein paar haltlose Forderungen, und Bosbach schnallt die Brille etwas fester und doziert über "grundweiche Rechtsstellungen", "unausweichliche Turnübungen" und "rechtsdrehende Folsäuren".

Er versteht den Witz nicht. Landesinnenminister reden da, nicht etwa Fußballerinnen oder Soapstars. Landesinnenminister. Was die aus ihren Kneipen herausrufen, kommentieren normalerweise nicht einmal ihre Ehefrauen. Wo bleibt Bosbachs tiefsinnige Erklärung, dass man schließlich auch nicht Postkarten verbiete, und wann kommt seine Betrachtung "Warum ich manche Dinge verbieten will und manche nicht" endlich in die Buchläden?

Nach dem Sommer erst, bis dahin ist Loch. Und wenn doch wenigstens die Sonne einmal schiene.

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