Kommentar Finanzpolitik: Das sinnlose Sparen der Griechen

Das radikale Sparpaket der Griechen? Das Drama könnte sein, dass es überhaupt niemandem nutzt, sondern nur allseits schadet.

Die Griechen haben getan, was seitens der Euroländer verlangt wurde: Sie haben ein radikales Sparpaket aufgelegt. Aber wer profitiert jetzt davon? Der Euro, die Griechen, die restlichen Europäer? Das Drama könnte sein, dass es überhaupt niemandem nutzt, sondern nur allseits schadet.

Im Falle Griechenlands ist es evident: Wenn mitten in der Krise auch noch gespart wird - dann verstärkt sich die Wirtschaftsflaute. Wer 7 Prozent weniger Lohn erhält, wird notgedrungen 7 Prozent weniger ausgeben - ob in Restaurants oder in Läden, die dann ebenfalls Personal entlassen müssen. Im Turbogang wird in die Depression gesteuert.

Den restlichen Europäern kann eine Krise in Griechenland keinesfalls egal sein. Denn die Griechen haben ihre Schulden ja nicht bei sich selbst aufgenommen, sondern bei Banken in Frankreich oder Deutschland. Deren Kredite werden aber nicht sicherer, sondern unsicherer, wenn Griechenland in die Krise rutscht. Das Sparprogramm, das angeblich die Finanzmärkte beruhigen soll, wird die Unruhe am Ende noch verstärken.

Zudem haben sich die Griechen das Geld ja nicht geborgt, um es zu Hause im Tresor verschimmeln zu lassen. Stattdessen haben sie munter bei ihren europäischen Nachbarn eingekauft, nicht zuletzt bei den Deutschen. Für den Exportweltmeister war Griechenland ein beliebter Absatzmarkt.

Den Euro wird es ebenfalls nicht stabilisieren, wenn eines seiner Mitgliedsländer wirtschaftlich abstürzt. Stattdessen werden die Friktionen innerhalb der Gemeinschaftswährung noch zunehmen.

Man kann sich fragen, wieso die Finanzmärkte überhaupt so darauf drängen, dass Griechenland drakonisch spart, wenn die Wirkungen doch eher verheerend ausfallen dürften. Die Banken jedenfalls haben nichts zu verlieren, wenn sich die Krise bei den Griechen verschärft. Sie können sich sicher sein, dass Griechenland von den anderen Euroländern gerettet wird - ob mittels einer Garantie, eines Eurobonds oder eines europäischen Währungsfonds.

Die Euroländer wiederum fordern den sinnlosen Sparkurs ein, weil sie ein politisches Symbol dafür benötigen, dass die Griechen Reue zeigen. Sonst würden die Wähler ein Rettungspaket nicht tolerieren, das nicht zuletzt deswegen nötig wird, weil man so unbedingt Reue von den Griechen sehen will.

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Der Kapitalismus fasziniert Ulrike schon seit der Schulzeit, als sie kurz vor dem Abitur in Gemeinschaftskunde mit dem Streit zwischen Angebots- und Nachfragetheorie konfrontiert wurde. Der weitere Weg wirkt nur von außen zufällig: Zunächst machte Ulrike eine Banklehre, absolvierte dann die Henri-Nannen-Schule für Journalismus, um anschließend an der FU Berlin Geschichte und Philosophie zu studieren. Sie war wissenschaftliche Mitarbeiterin der Körber-Stiftung in Hamburg und Pressesprecherin der Hamburger Gleichstellungssenatorin Krista Sager (Grüne). Seit 2000 ist sie bei der taz und schreibt nebenher Bücher. Ihr neuester Bestseller heißt: "Das Ende des Kapitalismus. Warum Wachstum und Klimaschutz nicht vereinbar sind - und wie wir in Zukunft leben werden". Von ihr stammen auch die Bestseller „Hurra, wir dürfen zahlen. Der Selbstbetrug der Mittelschicht“ (Piper 2012), „Der Sieg des Kapitals. Wie der Reichtum in die Welt kam: Die Geschichte von Wachstum, Geld und Krisen“ (Piper 2015), "Kein Kapitalismus ist auch keine Lösung. Die Krise der heutigen Ökonomie - oder was wir von Smith, Marx und Keynes lernen können" (Piper 2018) sowie "Deutschland, ein Wirtschaftsmärchen. Warum es kein Wunder ist, dass wir reich geworden sind" (Piper 2022).

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