Kommentar Fiskalpaktpoker: Einig im Geiste

Koalition und Opposition sind sich bei den Verhandlungen um den Fiskalpakt näher gekommen. Der Streit um Details dient überwiegend der Imagepflege.

Nein, weißer Rauch stieg am Mittwoch noch nicht aus dem Kanzleramt auf. SPD und Grüne verwiesen beim Poker um den Fiskalpakt lieber auf das Trennende, betonten strittige Detailfragen, ja, sie taten alles, um die Möglichkeit einer schnellen Einigung weit von sich zu weisen.

Diese Skepsis ist aber vor allem Imagepflege, als Zustandsbeschreibung eignet sie sich nicht. Der Wähler soll eben auf das Spektakel harter Verhandlungen nicht verzichten müssen.

Doch in Wirklichkeit sind Koalition und Opposition große Schritte aufeinander zu gegangen. Und SPD und Grüne loben schon zu lange Schuldenbremsen und seriöse Haushaltspolitik, als dass sie glaubwürdig gegen europaweites Sparen eintreten könnten.

Deshalb lassen sich zwei Prognosen aufstellen: SPD und Grüne werden, so wie Kanzlerin Merkel es wollte, noch vor der Sommerpause ihre Unterschrift unter einen Deal zum Fiskalpakt setzen. Und viele Punkte mehr, als jetzt bereits beschlossen sind, werden in diesem Deal nicht stehen.

Dass die Opposition der FDP in den Verhandlungen die verhasste Finanztransaktionssteuer aufgezwungen hat, ist ein großer Erfolg. Merkel hat gestern noch einmal versichert, die Verabredung habe Bestand – und die Freidemokraten werden diese Niederlage akzeptieren, vor allem aber psychologisch verarbeiten müssen.

Ebenso ist es der Opposition zu verdanken, dass die Koalition zumindest ansatzweise einsieht, dass man ein brutales Sparprogramm mit Investitionen verbinden muss, um die Wirtschaft nicht ganz vor die Hunde gehen zu lassen. Den Grünen wiederum schwant, dass sie den sinnvollen Schuldentilgungsfonds nicht durchsetzen werden.

Es passiert nun also das, was nie ernsthaft in Zweifel stand: SPD und Grüne werden das harte Spardiktat des Fiskalpakts mittragen. Obwohl dieses Diktat in der Krise fatale Wirkung entfaltet, wie es die Situation in Spanien jeden Tag beweist. Aber sie haben dieses Mal wenigstens etwas für ihr Ja bekommen.

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Ulrich Schulte, Jahrgang 1974, schrieb für die taz bis 2021 über Bundespolitik und Parteien. Er beschäftigte sich vor allem mit der SPD und den Grünen. Schulte arbeitete seit 2003 für die taz. Bevor er 2011 ins Parlamentsbüro wechselte, war er drei Jahre lang Chef des Inlands-Ressorts.

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