Kommentar Flüchtlingspolitik: Halbherziger Vorstoß

Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius hat es den Kommunen überlassen, vom Gutscheinsystem auf Bargeld umzusteigen. Leider ist er nicht weitergegangen.

Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD) hat kurz nach Amtsantritt ein wichtiges Versprechen aus dem rot-grünen Koalitionsvertrag eingelöst. Kommunen sollen selbst entscheiden, ob sie AsylbewerberInnen ihre Sozialleistungen weiterhin als Wertgutscheine oder Bargeld auszahlen.

Leider ist Pistorius nicht einen Schritt weitergegangen und hat, wie es der Flüchtlingsrat vorschlägt, das umstrittene Wertscheinsystem gänzlich abgeschafft. So hat die Bevormundung durch Behörden, die die EmpfängerInnen diskriminiert, auch im rot-grünen Niedersachsen kein Ende. Vielmehr wird es künftig zur Glückssache, ob ein Flüchtling einer Kommune, wie dem Ammerland oder Leer, zugewiesen wird, die fortschrittlich auf Bargeld umstellt. Pech für denjenigen, der ins Emsland oder in die Grafschaft Bentheim muss.

26 von insgesamt 46 Landkreisen und kreisfreien Städten wollen Bargeld auszahlen oder tun das schon. Manchmal hilft es, sich in die Situation der Betroffenen hineinzuversetzen. Schlimm genug, dass Menschen mit dem Wertgutscheinmodell vorgeschrieben wird, was sie für den Lebensunterhalt kaufen dürfen. Dass man an der Kasse dann aber noch seine soziale Situation zur Schau stellen muss und dabei auch noch Probleme bekommt, weil Geschäfte sich mit der Annahme der Bons schwer tun, ist unerträglich. So wird Grundversorgung zur Schikane.

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studierte Politikwissenschaft, Philosophie und Ethnologie in Potsdam, Berlin und Mexiko-Stadt und schreibt seit 2009 für die taz. Sie volontierte bei der taz in Hamburg, war dort anschließend Redakteurin, Chefin von Dienst und ab Juli 2017 Redaktionsleiterin. 2019 wechselte sie in die Produktentwicklung der taz und ist verantwortlich für die Digitalisierung der täglichen taz.

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