Kommentar Flüchtlingspolitik: Kniefall vor den Rechtspopulisten

Härte zeigen gegen Flüchtlinge: So glauben europäische Parteien die Rechtspopulisten kleinhalten zu können – und legitimieren sie damit.

Rechtspopulisten wie Bernd Lucke haben schon viel mehr Einfluss auf die Politik, als ihnen zusteht. Bild: dpa

Wie schon oft zuvor ist Europa in diesen Tagen mit Tausenden Menschen konfrontiert, die von den Küsten Afrikas die lebensgefährliche Überfahrt antreten. Und wie schon oft zuvor beginnt das Pingpongspiel: Denn keiner will die Flüchtenden aufnehmen.

Italien etwa reklamiert, die anderen sollten sich bitte schön auch einmal kümmern – und schafft mit seiner lückenhaften Aufnahmepolitik praktische Anreize für die Ankommenden, nach Norden weiterzuziehen. Deutsche Politiker ihrerseits finden: Jedes Land habe gefälligst selbst für „seine“ Flüchtlinge zu sorgen. Alles soll bleiben, wie es ist.

Die anstehenden Wahlen des EU-Parlaments dürften diese Reflexe noch verstärken. Schließlich stehen die Rechtspopulisten vor der Tür. „Härte zeigen“: Dies gilt auch in der etablierten Politik als sicheres Mittel, um denen die Wähler zu klauen, die gegen Einwanderer, ja selbst gegen Kriegsflüchtlinge hetzen.

Dumm nur, dass diese Abwehrstrategie gegen rechts und rechtsaußen im Kern davon lebt, dass sie den Populisten recht gibt. Der Versuch, die Flüchtlingsfrage zu lösen, indem man sie stur zwischen den Staaten Europas hin- und herschiebt, löst kein einziges wirkliches Problem. Bisher funktionierte Europas Flüchtlingsabwehr etwa so wie der Euro: Durch die Festlegung der einzelnen EU-Staaten auf ein engmaschiges Regelwerk sollte vermieden werden, dass der eine die Lasten auf den anderen „abwälzte“.

Die Menschen aus Syrien, Eritrea, dem Sudan oder Nigeria aber werden weiter kommen; auch in Zukunft wird man sie mit den engen Vorschriften der Dublin-Abkommen nicht auf dauerhaftes Bleiben etwa in Italien festnageln können. Je früher Europas Politiker sich das klar machen, desto besser: Allein die Hinwendung zu echter Einwanderungspolitik, europäisch koordiniert, ist der realistische Weg.

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Promovierter Politologe, 1985-1995 Wissenschaftlicher Mitarbeiter an den Unis Duisburg und Essen, seit 1996 als Journalist in Rom, seit 2000 taz-Korrespondent, daneben tätig für deutsche Rundfunkanstalten, das italienische Wochenmagazin „Internazionale“ und als Wissenschaftlicher Mitarbeiter für das Büro Rom der Friedrich-Ebert-Stiftung.

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