Kommentar Flüchtlingsproteste: Das Tor bleibt zu

Polizei blockiert demonstrierende Flüchtlingen am Brandenburger Tor. Ein stärkeres Symbol für die deutsche Asylpolitik kann es kaum geben.

Symbolpolitik hat keinen guten Ruf. Viele meinen: Die ist doch echt für’n …, oder sagen wir mal so: die bringt nicht so viel. Weil sie faktisch nichts ändert. Stimmt. Dennoch ist das Spiel mit hochsymbolischen Orten nicht nutzlos. Etwa wenn es gelingt, politische Vorgaben als Anleitung zur Unmenschlichkeit zu enttarnen. Genau das ist nun zum wiederholten Mal am Brandenburger Tor geschehen.

Dort auf dem Pariser Platz hatten sich schon im Herbst wochenlang Flüchtlinge niedergelassen. In der guten Stube Berlins. Eine Provokation. Politik und Polizei reagierten – fast muss man sagen: dankenswerterweise – wie gehabt: Die Flüchtlinge wurden drangsaliert und mit bürokratischer Paragrafenreiterei schikaniert. Ganz so, wie es Alltag ist in den abgelegenen Lagern. Nur diesmal vor aller Augen, sodass Medien, Opposition und schließlich auch die Verantwortlichen reagieren mussten.

Ähnliches passierte am Samstag. Da demonstrierten die Flüchtlinge und ihre Unterstützer auf der Westseite des Brandenburger Tors. Gegen die Residenzpflicht. Für Reisefreiheit. Was tat die Polizei? Sie riegelte das Tor ab. Mit Plastikbändern. Mit einer Kette aus Beamten. Und zur Sicherheit auch noch mit gleich zwei Fahrzeugreihen.

Ausgerechnet das Brandenburger Tor, seit dem Mauerfall 1989 weltweit gefeiert als Symbol für die Überwindung von Grenzen, wird flugs mal eben dichtgemacht, wenn ein paar Flüchtlinge kommen? Ein stärkeres Symbol für die deutsche Asylpolitik kann es kaum geben.

Dieses Bild ändert nichts an der Lage der Flüchtlinge. Aber es erschwert das Wegschauen – gerade für die politisch Verantwortlichen, die sich so gern mit der gewonnenen Freiheit in Deutschland schmücken.

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Leiter des Regie-Ressorts, das die zentrale Planung der taz-Themen für Online und Print koordiniert. Seit 1995 bei der taz als Autor, CvD und ab 2005 Leiter der Berlin-Redaktion. 2012 bis 2019 Leiter der taz.eins-Redaktion, die die ersten fünf Seiten der gedruckten taz produziert. Hat in Bochum, Berlin und Barcelona Wirtschaft, Gesellschafts- und Wirtschaftskommunikation und ein wenig Kunst studiert. Mehr unter gereonasmuth.de. Twitter: @gereonas Mastodon: @gereonas@social.anoxinon.de Foto: Anke Phoebe Peters

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