Kommentar Flugsicherheit: Die symbolische Sicherheit

Die Frage ist, wieviel Freiheit geopfert werden soll, um etwas mehr Sicherheit vor terroristischen Anschlägen zu erhalten. Dabei gilt, einen absoluten Schutz kann es nicht geben.

Im Flugverkehr kann es - wie auch sonst im Leben - keine absolute Sicherheit vor terroristischen Anschlägen geben. Deshalb muss man jetzt gar nicht darüber diskutieren, wie nun endlich sämtliche Kontrolllücken zu schließen wären. Die Frage kann nur sein: Welcher Aufwand wird von Flughäfen und Fluglinien gefordert, um solche Anschläge zu erschweren und ein Gefühl verbesserter Sicherheit zu erzeugen? Und welche Opfer an Freiheit und Bequemlichkeit sind die Fluggäste bereit, hierfür zu bringen.

Das sind zunächst ganz normale Fragen der Interessenabwägung. Das Parlament kann über sie entscheiden, und das Verfassungsgericht kann kontrollieren, ob die Verhältnismäßigkeit der Mittel gewahrt bleibt. Allerdings verbindet der Flugverkehr viele Staaten, sodass nationale Insellösungen hier besonders wenig Sinn machen. Es gibt eben immer abfliegende und ankommende Passagiere. Deshalb sind internationale Absprachen über Kontrollen und Verbote naheliegend.

Der Schutz des Flugverkehrs zeigt aber auch deutlich, welchen Konjunkturen solche Debatten unterworfen sind. Nach einem Anschlag überwiegt eine Weile lang das öffentliche Bedürfnis nach mehr Kontrollen. Wenn dann jedoch längere Zeit nichts mehr passiert ist, werden die Kontrollen lästig. Insofern bestimmen die Terroristen auch, wo wir unsere Freiheit und Bequemlichkeit einschränken. Würden sie Planetarien oder Kinos angreifen, gäbe es bald auch dort Körperkontrollen. Dass die Diskussion immer den letzten Anschlägen folgt, weil sie die nächsten Ziele nicht kennt, zeigt deutlich, wie symbolisch solche Sicherheitsstrategien letztlich sind.

Man könnte also sagen, Sicherheitskontrollen am Flughafen seien inkonsequent, solange es nicht die gleichen Kontrollen am Kinoeingang, im Nahverkehrszug und bei vielen anderen "weichen Zielen" gibt. Oder man könnte darauf pochen, dass sich auch im Flughafen niemand kontrollieren lassen muss, der keinen Anhaltspunkt für terroristische Absichten gegeben hat. Doch so weit wird wohl auch kein Verfassungsrichter gehen. Offensichtlich wird ein gesellschaftliches Bedürfnis nach symbolischer Sicherheit anerkannt. Und man kann nur hoffen, dass auch die Terroristen den Flugverkehr weiterhin so symbolträchtig finden, dass die dortige Konzentration von Kontrollen sogar noch einen Sinn ergibt.

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Geboren 1965, Studium in Berlin und Freiburg, promovierter Jurist, Mitglied der Justizpressekonferenz Karlsruhe seit 1996 (zZt Vorstandsmitglied), Veröffentlichung: „Der Schiedsrichterstaat. Die Macht des Bundesverfassungsgerichts“ (2013).

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