Kommentar Frauenfußball-WM: Dieser Sport ist Magie!

Schade, dass Deutschland just ausgeschieden ist, als das allgemeine Interesse begann, zur medialen Inszenierung aufzuschließen. Aber das ist Fußball.

Was war das für eine Weltmeisterschaft: Zum Auftakt schlägt Deutschland Argentinien mit 11:0, im Finale Brasilien mit 2:0. Mit der unglaublichen Bilanz von 21:0 Toren werden die Deutschen 2007 Weltmeisterinnen. Wie schön. Wie öde. Denn, Hand aufs Herz: Wer will so etwas sehen? Ein paar Knallchargen vielleicht, denen Deutschland am Herzen liegt, denen der Fußball aber herzlich egal ist.

Groß war die Befürchtung, es könnte wieder so werden. Man dachte, die Deutschen hätten zwei halbwegs ernste Gegnerinnen, insgesamt sei das Leistungsgefälle zu groß, der dritte WM-Titel in Folge sei eine vielleicht zu leichte Sache.

Zum Glück erleben wir nun ein ganz anderes Turnier: Noch kann zwar nicht jedes Frauenteam jedes schlagen, aber die Zahl derer, die um den Titel mitspielen oder mitgespielt haben, ist beachtlich groß: die technisch-taktisch versierten Japanerinnen, die spielstarken Französinnen, die athletischen Amerikanerinnen, die beherzten Engländerinnen, Martas Soloprogramm … und eben die Deutschen, die sich doch nicht als unbesiegbar erwiesen haben.

Damit hat diese WM für die erste Sensation gesorgt. Und es ist dieses Unberechenbare, das diesem Sport etwas Magisches verleiht. Genau davon handeln viele der mythischen Fußballerzählungen: das "Wunder von Bern", der WM-Sieg der DDR gegen die BRD 1974, die "Schmach von Córdoba", die freilich nur hierzulande, aber nicht in Österreich als solche gilt.

Gleichwohl ist es schade, dass Deutschland just in dem Moment rausgeflogen ist, als das allgemeine Interesse begann, zu der medialen Inszenierung aufzuschließen. So betrachtet, wäre ein Aus im Halbfinale oder im Endspiel besser gewesen. Aber das ist Fußball.

Wenn wir etwas bei dieser WM gelernt haben, dann das eherne Gesetz: Du sollst nicht vergleichen. Dennoch sei ein Vergleich gestattet: Zwar können das spanische Nationalteam und der FC Barcelona mal verlieren, letztlich aber sind sie eine Klasse für sich. Was Spannung und Leistungsdichte betrifft, haben die Frauen, jedenfalls auf höchstem internationalem Niveau, derzeit mehr zu bieten als die Männer: Deutschland verliert gegen Japan, Turbine Potsdam gegen Olympique Lyon. Und beim nächsten Mal kommt alles ganz anders oder ganz genauso. Das ist wundervoll - und es ist die schönste Erkenntnis dieser WM: Frauenfußball ist kein anderer Sport, sondern Fußball.

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Von Juli 2007 bis April 2015 bei der taz. Autor und Besonderer Redakteur für Aufgaben (Sonderprojekte, Seite Eins u.a.). Kurt-Tucholsky-Preis für literarische Publizistik 2011. „Journalist des Jahres“ (Sonderpreis) 2014 mit „Hate Poetry“. Autor des Buches „Taksim ist überall“ (Edition Nautilus, 2014). Wechselte danach zur Tageszeitung Die Welt.

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