Kommentar Friedhofszwang: Kleinstmöglicher Fortschritt

Von der groß verkündeten Abkehr vom Friedhofszwang ist nur ein Reförmchen geblieben. Die Grünen verkaufen das als "Riesengewinn".

Am Ende ist es doch nur ein Reförmchen geworden. Der von den Nazis etablierte Friedhofszwang wird auch von rot-grün nur ganz dezent gelockert. Im Kern besteht er fort. Weil die beiden christlichen Kirchen in Bremen – und daher SPD-Bürgermeister Jens Böhrnsen – es so wollen: Sie sehen die Menschenwürde in Gefahr.

Anderswo in Europa hat man dieses Problem allerdings nicht: Der Friedhofszwang ist ein deutsch-österreichischer Sonderweg. Selbst das sehr katholisch geprägte Spanien kennt ihn nicht. Dass die Menschenwürde darunter gelitten hätte, ist nicht überliefert.

Auch die neuere juristische Literatur lehnt den Friedhofszwang für Urnen ab – als unzulässige Grundrechtsbeschränkung. Mit seiner Neuregelung ist Bremen zwar weiter als andere Bundesländer. Insofern ist sie eine Schritt in die richtige Richtung. Aber eben nur noch ein ziemlich kleiner. Die Grünen verkaufen ihre koalitionsinterne Niederlage nun gleichwohl als „Riesengewinn“.

Dabei hat eine verfassungsändernd breite Mehrheit im Parlament schon mal eine viel weitergehende Öffnung beschlossen. Den Weg hin zur einer echten Überwindung der alten Gesetze von 1934 ebnete anschließend ein Rechtsgutachten, das der Senat eigens in Auftrag gegeben hat. Dessen Intention indes wird nun ins Gegenteil verkehrt.

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JAN ZIER, Jahrgang 1974, Lokalredakteur, Chef vom Dienst & Fotograf in Bremen, 2004 - 2023 bei der taz in Bremen. Schwerpunkte: Parteipolitik, Recht & Justiz, zeitgenössische Kunst & Kultur Promotion über die Rolle der Nationalen Parlamente in der EU

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